Bilanz Die Koalition hat 80 Prozent abgearbeitet

Berlin · Nach zwei Jahren ist der Vertrag zwischen Union und SPD nahezu erfüllt. Wichtige Reformen etwa beim Arbeitsmarkt stehen noch aus.

Parteichefs unterzeichnen Koalitionsvertrag endgültig
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Die Sozialdemokraten in der großen Koalition betonen gerne, was sie in den vergangenen zwei Jahren im Bündnis mit der Union erreichen konnten. Bisher hat diese Art von Werbung wenig gefruchtet - die SPD liegt weiter bei nur 25 Prozent. Nun gab die Bundestagsfraktion gar eine Broschüre zur Halbzeitbilanz der Koalition heraus, um die eigene Leistung zu betonen: Mindestlohn, Elterngeld Plus, Frauenquote, Rente mit 63, Mietpreisbremse, mehr sozialer Wohnungsbau und, und, und. Alles erledigt.

Aber halt! Fraktionschef Thomas Oppermann sprach beim SPD-Parteitag davon, dass der Koalitionsvertrag zu 80 Prozent abgearbeitet sei, wichtige Vorhaben stünden aber noch aus. Und die müssen, folgt man den ungeschriebenen Spielregeln des Berliner Politikbetriebs, bis Ostern angeschoben sein, um vor dem Bundestagswahlkampf eine Chance auf Umsetzung zu haben. Hier ein Blick auf die Aufgabenliste der "Groko":

Große Koalition: Diese Politiker sind sich nicht grün
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Foto: dpa

Integration Die Flüchtlingskrise eskalierte erst nach den Verhandlungen über den Koalitionsvertrag, sämtliche Vorhaben gehen also über das Vertragswerk hinaus. Derzeit streiten die Koalitionäre über das Asylpaket II, das im Anfang Februar den Bundestag passieren soll.

Arbeitsmarkt Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) will ihren Gesetzentwurf zur Regulierung von Zeitarbeit und Werkverträgen Anfang 2016 dem Kabinett vorlegen. Das Gesetz soll dann ab der zweiten Jahreshälfte 2016 gelten. Leiharbeiter sollen dem Gesetz zufolge künftig nur noch höchstens 18 Monate in einen Betrieb entliehen werden können; in der Fleisch- und der Automobilindustrie sind heute durchaus längere Entleihdauern üblich. Zudem sollen Leiharbeiter spätestens nach neun Monaten genauso hohe Stundenlöhne erhalten wie die Stammbelegschaft. Existiert ein Branchentarifvertrag, der eine Angleichung erst später vorsieht, will Nahles das bis zur Dauer von maximal zwölf Monaten dulden. Bei Werkverträgen will sie acht gesetzliche Prüfkriterien einführen, mit denen zwischen Werkverträgen und normalen Arbeitsverhältnissen unterschieden werden soll. Betriebsräte sollen zudem mehr Informationen darüber erhalten, wie viele Werkvertragsarbeitnehmer im Betrieb tätig sind. Beide Maßnahmen dienen dazu, den Missbrauch von Werkverträgen einzudämmen.

Angela Merkel – herausragende Momente einer Kanzlerin (in Bildern)
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Foto: dpa/Peter Kneffel

Soziales Die SPD drückt jetzt bei der Entgeltgleichheit aufs Tempo. Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) plant einen Auskunftsanspruch für Arbeitnehmer, um sich über das Durchschnittsgehalt für ihre Tätigkeit im Betrieb zu informieren. Davon sollen vor allem Frauen profitieren, die nach Schwesigs Angaben weiterhin strukturell schlechter bezahlt werden als Männer. Die Union pocht auf Einhaltung des Koalitionsvertrags und wirft Schwesig vor, mit ihrem Gesetzentwurf deutlich darüber hinauszuschießen.

Energie Bislang bestimmte der Gesetzgeber die staatlich garantierten Einspeisevergütungen für Windparks und Solaranlagen - ab 2017 soll das der Wettbewerb übernehmen. Die Eckpunkte für ein entsprechendes Gesetz von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) liegen bereits seit November vor. Es soll im Jahresverlauf 2016 vom Bundestag und vom Bundesrat gebilligt werden, um dann am 1. Januar 2017 in Kraft zu treten. Geplant ist, dass die Betreiber von Windparks und Photovoltaikanlagen sich künftig in einer Ausschreibung um den Zuschlag für den Bau ihrer Anlagen bewerben müssen. Der günstigste Anbieter kommt zum Zuge. Das soll die Kosten senken. Gleichzeitig sollen die Ausschreibungen dazu beitragen, den bislang weitestgehend ungesteuerten Ausbau der Anlagen besser zu begrenzen.

Bundesminister: Das Kabinett der großen Koalition
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Das Kabinett der großen Koalition

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Foto: RP. DPA

Finanzen Das Bundesverfassungsgericht hatte der Regierung Ende 2014 in einem Urteil vorgegeben, die Erbschaftsteuer für Betriebe bis spätestens Mitte 2016 zu ändern. Es sah in der Bevorzugung von Firmenerben, die weitgehend von der Steuer verschont bleiben können, gegenüber allen anderen Erben einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes. Die Koalition ist über die Details der Reform zerstritten: Während die SPD mehr Erben größerer Betriebe stärker besteuern will, pocht die Union auf wenig Veränderung. Im Bundesrat dringen die Länder auf ein deutlich höheres Steueraufkommen, da die Erbschaftsteuer eine Ländersteuer ist.

(jd / mar)
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