Gerald Knaus Die EU muss sich mit Westafrika einigen

Drei Schritte sind nötig, um die Zuwanderung vor allem aus Herkunftsländern in Westafrika zu begrenzen. Senegalesen, Nigerianer oder Gambier kommen in großer Zahl, haben aber wenig Chancen auf Asyl oder einen Flüchtlingsstatus. Jeder, der sich in Libyen in ein Boot nach Europa setzt und dann von internationalen Schiffen gerettet und nach Italien gebracht wird, bleibt potenziell über Jahre - selbst wenn ein Großteil der Menschen kein Recht auf Asyl hat. Wir müssen die Verfahren beschleunigen, so dass innerhalb weniger Wochen klar ist, wer Schutz bekommt und wer zurück in sein Heimatland muss. In den Niederlanden funktioniert das bereits. In Italien dauerte eine Entscheidung bis vor Kurzem Jahre.

In einem zweiten Schritt müssen wir erreichen, dass die westafrikanischen Herkunftsländer ihre Bürger ab einem bestimmten Stichtag zurücknehmen. Das hat beispielsweise im EU-Türkei-Abkommen bereits funktioniert. Das hätte eine abschreckende Wirkung und würde das Geschäft der Schleuser unterbinden. Relativ schnell würden die Menschen, die nicht auf der Flucht sind, erkennen, dass es zu teuer ist und sie keine Aussicht haben, in Europa zu bleiben. Dafür müsste man sich mit den Herkunftsländern einigen.

Die EU müsste in einem dritten Schritt mit diesen Ländern Kontingente vereinbaren und geordnete Verfahren für die Zuwanderung anbieten, für die man sich bewerben kann. Das würde auch verhindern, dass diese Länder als Gehilfen beim Aufbau einer Festung Europa dastehen. Mit diesen drei Schritten - schnellen und fairen Asylverfahren an den EU-Außengrenzen, von der EU finanziell und personell unterstützt, mit Abkommen für die Rückführung und Angeboten an die Herkunftsländer und einer Diskussion über die Verteilung innerhalb der EU - könnte die EU im Einklang mit der Flüchtlingskonvention den Anreiz für Nicht-Flüchtlinge, sich auf den Weg zu machen, dramatisch senken. Und wir wären nicht auf gefährliche, moralisch wie politisch extrem bedenkliche Versuche angewiesen, mit Transitländern wie Libyen daran zu arbeiten, die Menschen dort festzuhalten.

Gerald Knaus (47), Vorsitzender der Denkfabrik Europäische Stabilitätsinitiative und Vordenker des EU-Türkei-Abkommens. Die Initiative arbeitet vor allem mit Bezug auf Südosteuropa.

(RP)
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