Bluttaten in Bayern Attentate, Amok, Terror — wie die Politik reagieren könnte

München · Würzburg, München, Ansbach: Schock und Angst erfassen Deutschland. Ob Amok oder Terror: Auf jede größere Gewalttat folgt eine Debatte über Konsequenzen. Aber nicht immer helfen Gesetzesverschärfungen weiter. Die Politik muss Fragen beantworten.

Anschlag in Ansbach: 27-jähriger Flüchtling tötet sich durch Explosion
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Bombenanschlag im bayerischen Ansbach

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Foto: dpa, dka

Der Anschlag von Ansbach hatte nach Erkenntnissen der bayerischen Behörden einen islamistischen Hintergrund. Die CSU fordert nun eine Sicherheitsüberprüfung aller Flüchtlinge. "Es kann nicht sein, dass wir nicht wissen, wer sich in unserem Land aufhält", sagte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann der "Welt". Schon bei der Erstkontrolle müsse die Identität der Flüchtlinge so gut es geht geklärt werden.

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer hat nach den Anschlägen die genaue Überprüfung aller Flüchtlinge in Deutschland gefordert. "Wir brauchen eine Registrierungsrevision aller nach Deutschland gekommener Flüchtlinge", sagte Scheuer der Deutschen Presse-Agentur in München.

"Eine Selbstauskunft ist nicht ausreichend. Jeder einzelne Flüchtling muss von den Behörden persönlich angehört und genau überprüft werden, um einen Generalverdacht zu verhindern", so Scheuer. Wer in Deutschland das Gastrecht missbrauche, müsse sofort abgeschoben oder - wenn das nicht möglich sei - umgehend "unter Kontrolle untergebracht" werden.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière von der Schwesterpartei CDU ist skeptisch. "Die Fälle, über die wir jetzt reden, da hat es eine Sicherheitsüberprüfung gegeben", sagt er. Das Problem sei, dass es keine vollständige Datei möglicher Gefährder aus Syrien und dem Irak gebe. Deswegen ist die Speicherung von Fingerabdrücken bei der Einreise aus seiner Sicht nur bedingt erfolgversprechend.

Prognose: Bei diesem Thema wird die CSU in den nächsten Wochen massiv Druck machen. Die Erfolgschancen sind unklar.

Der Amokläufer von München besorgte sich seine Pistole vom Typ Glock 17 im Darknet, einem abgeschotteten Bereich des Internets. Es gibt Forderungen nach zusätzlichen Fahndungsmöglichkeiten der Behörden, um den Waffenhandel dort zu verhindern. Eine Änderung des ohnehin schon sehr strengen deutschen Waffenrechts ist dagegen kaum zu erwarten. Die Gesetze sind nach den Amokläufen von Erfurt 2002 und Winnenden 2009 bereits deutlich verschärft worden. Außerdem ist gerade eine neue EU-Richtlinie in Arbeit.

Prognose: Die Fahndung im Internet nach Waffenhändlern wird ausgeweitet, aber kein Gesetz geändert.

Das ist eine Debatte, die schon seit vielen Jahren immer wieder geführt wird. Schon die Amokschützen von Erfurt, Winnenden und Emsdetten waren Fans von Computerspielen, die Gewaltakte simulieren. Jetzt trifft das auch für den Täter von München zu. Der spielte im Netz unter anderem "Counter-Strike", eines der populärsten Online-Spiele. De Maizière würde sich des Themas gerne annehmen. Am Wochenende sprach er von einem "unerträglichen Ausmaß" von Gewaltverherrlichung im Internet. Verbote hält er nicht für sinnvoll, wünscht sich aber eine gesellschaftliche Debatte.

Prognose: Konkrete Änderungen wird es nicht geben.

Der Streit darüber ist ebenfalls ein Dauerbrenner. Aus der Union wurde immer wieder eine Grundgesetzänderung gefordert, um die Aufgaben der Streitkräfte im Inland auszuweiten. Die SPD ist dagegen. Im gerade erst verabschiedeten Weißbuch zur Sicherheitspolitik haben sich die Koalitionspartner aber auf den Kompromiss verständigt, dass die Bundeswehr bei größeren Anschlägen auch ohne Grundgesetzänderung eingesetzt werden kann. Trotzdem gibt es jetzt wieder Streit. In München wurden rund 100 Feldjäger und Sanitäter in Bereitschaft versetzt und wären wohl zum Einsatz gekommen, wenn es sich um eine große Terrorlage mit Anschlägen an mehreren Orten gehandelt hätte.

Prognose: Der Streit geht weiter, eine Klarstellung im Grundgesetz wird es aber mit Sicherheit nicht geben. Im Fall eines großen Terroranschlags in Deutschland ist ein Hilfseinsatz der Bundeswehr trotzdem wahrscheinlich. Dafür sind auch gemeinsame Übungen von Polizei und Bundeswehr geplant.

Diese Forderung wurde bereits nach der Axt-Attacke von Würzburg erhoben. Die Befürworter erhoffen sich eine Abschreckung von Straftätern und eine leichtere Aufklärung. Kritiker fürchten den Überwachungsstaat.

Prognose: Eine Ausweitung der Videoüberwachung ist gut möglich.

Eine Stärkung der Sicherheitskräfte ist das, was am ehesten konsensfähig ist. De Maizière kündigte am Montag an, die Präsenz der Bundespolizei an Bahnhöfen und Flughäfen zu verstärken. Die Länder könnten ähnlich verfahren. Die Schaffung von zusätzlichen Stellen bei der Polizei hält nicht nur die Union für sinnvoll. Die SPD hat sich für 3000 zusätzliche Bundespolizisten ausgesprochen.

Prognose: Die Polizei kann mit Verstärkung rechnen.

(felt/dpa)
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