Abgeordnete sollen besser aufpassen Schäuble will Twitter aus dem Bundestag verbannen

Berlin · Computer-Laptops sind verboten, Twitter-Nachrichten und Fotos aus der Plenarsitzung findet Parlamentspräsident Wolfgang Schäuble "unangemessen". Viele Parlamentarier laufen gegen die neuen Regeln Sturm.

 Auch Wolfgang Schäuble ist manchmal abgelenkt. Diese Aufnahme entstand am 25.11.2015 bei der Haushaltsdebatte im Bundestag.

Auch Wolfgang Schäuble ist manchmal abgelenkt. Diese Aufnahme entstand am 25.11.2015 bei der Haushaltsdebatte im Bundestag.

Foto: dpa, axs htf tba

Selfie von der Parlamentsbank, Gegenrede per Kurzbotschaft: Twitter und andere soziale Netzwerke sind längst Instrument im politischen Wettstreit. Die Nutzung während der Plenarsitzungen des Bundestags sorgt nun aber für Diskussionen.

In dem auf Dienstag datierten Schreiben Schäubles, das am Donnerstag vom Deutschlandfunk veröffentlicht wurde heißt es: "Den Verhandlungen des Bundestags unangemessen und daher unerwünscht ist die Nutzung von Geräten zum Fotografieren, Twittern oder Verbreiten von Nachrichten über den Plenarverlauf."

Zahlreiche Abgeordnete twitterten in der Vergangenheit über Redebeiträge und Eindrücke am Rande von Plenardebatten, vor allem bei besonders beachteten Diskussionen wie etwa der über die "Ehe für alle". Die Geschäftsordnung des Bundestags gibt keine Regeln für den Gebrauch sozialer Netzwerke während der Parlamentssitzungen vor.

Insbesondere Mobiltelefone und Tablet-Computer sollten "nur zurückhaltend und nur in einer der Teilnahme an einer Plenarsitzung angemessenen Weise genutzt werden", schrieb Schäuble. "Unzulässig ist die Nutzung von Geräten, die Geräusche erzeugen, aufgeklappt oder hochgestellt werden, insbesondere Computer-Laptops."

Die CSU-Politikerin Dorothee Bär sieht aber gerade in den Tweets über das Parlamentsgeschehen einen großen Nutzen: "Der unmittelbare Eindruck dessen, was wir als Abgeordnete so tun, wenn wir in Berlin sind, zeigt die Lebendigkeit des parlamentarischen Alltags." Gerade Schüler, die sie in Berlin begrüße, sagten ihr immer wieder: "Ich habe Ihren Tweet gesehen." Bär fügte hinzu: "Soziale Medien, richtig genutzt, sind das digitale Pendant zur Glaskuppel unseres Reichstags als Zeichen und Mittel der Transparenz."

"Man kann die Sitzung zwar live verfolgen, aber wir dürfen nichts über den Plenarverlauf twittern?", beklagte sich auf Twitter FDP-Fraktionsvize Frank Sitta. "Wenn man rausgeht, ist es ok? Das ergibt doch alles keinen Sinn!"

Die Linken-Politikerin Petra Sitte bezeichnete die Regelung in der "Berliner Morgenpost" sogar als "affig" und äußerte die Erwartung, dass sich kaum ein Abgeordneter daran halten werde. "Wir leben in einer offenen Mediengesellschaft, in der Geschwindigkeit manchmal alles ist", sagte sie. "Da gehört es dazu, auf eine absurde politische Äußerung sofort reagieren zu können."

Während es für soziale Netzwerke keine konkreten Regeln gibt, verbietet es die Hausordnung des Bundestags, Geräte zur Aufzeichnung oder Übertragung von Bild und Ton aus dem Bundestag ohne Einwilligung des Bundestagspräsidenten zu nutzen. Zudem dürfen persönliche Unterlagen nicht in einer Weise abgelichtet werden, dass diese lesbar sind. Diese Regelung sorgte für Schlagzeilen, als der heutige Parlamentspräsident Schäuble 2012 beim Sudoku-Spielen auf einem mobilen Endgerät fotografiert wurde.

(laha)
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