Schäuble wehrt sich gegen Kritik Wirtschaft attackiert Schwarz-Gelb

Berlin (RPO). Aus der Wirtschaft mehrt sich die Kritik am Zustand des schwarz-gelben Regierungsbündnisses. "Die Koalition sollte sich endlich an die Arbeit machen, statt sich mit weiteren Kindereien aufzuhalten", sagte der Präsident des Außenhandelsverbandes BGA, Anton Börner in einem Interview.

Diese Streitthemen beherrsch(t)en Schwarz-Gelb
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Börner forderte die Regierung in der Zeitung "Die Welt" auf, die Streitereien beizulegen und mit den im Koalitionsvertrag angekündigten Reformen Ernst zu machen. Mit den Stichworten "mehr Markt statt mehr Staat" sei sie auf dem richtigen Weg. "Wir können den Sozialstaat nicht weiter aufblähen wie bisher, wir brauchen mehr Eigenverantwortung."

Auch der Präsident der Familienunternehmer (ASU), Patrick Adenauer, rügte die koalitionsinternen Streitereien: "Kaum entwickelt ein Regierungsmitglied einen eigenen Gedanken, wird das in der Koalition niedergemacht. So kann man weder der Bevölkerung noch der Wirtschaft Verlässlichkeit vermitteln."

Damit schlossen sie sich der Kritik des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) an. Dessen Präsident Hans-Peter Keitel hatte der Regierung Orientierungslosigkeit vorgeworfen und als Beispiel die Debatte über Hilfen für Langzeitarbeitslose genannt, die fahrlässig aus wahltaktischen Motiven losgetreten worden sei.

Der Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), Holger Schwannecke, setzt derweil auf einen "klaren Kurs" der Bundesregierung in der Reformpolitik. Schwannecke sagte in München, notwendig sei "Planungssicherheit". Deshalb müssten zum Beispiel in der Steuer- und Gesundheitspolitik die im vergangenen Jahr vereinbarten Ziele der schwarz-gelben Koalition "in die Realität umgesetzt werden".

Schwannecke fügte hinzu, beim Thema Steuern sei eine Entlastung von Bürgern und Unternehmen zwar wichtig. Hierbei handele es sich aber nur um "einen Baustein". Notwendig sei eine umfassende "Steuerstrukturreform", die das jetzige System auch vereinfache.

Verärgerung in Union

Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs (CDU) sagte der "Welt": "Die Kritik aus der Wirtschaft ärgert mich gewaltig." Zwar sei sie in Teilen berechtigt. So sei es dringend nötig, dass die Koalition strittige Fragen künftig im stillen Kämmerlein berät, statt ständig aufeinander einzuprügeln. Doch der Wirtschaftspolitiker äußerte seinerseits auch Kritik an den Kritikern. Einerseits riefen die Verbände nach Reformen und Sparmaßnahmen. "Andererseits waren die Unternehmen noch nie so eifrig wie heute dabei, Subventionen zu fordern", monierte Fuchs. Als Beispiel nannte er die Forderung aus der Wirtschaft, die teure Kurzarbeitergeld-Regelung weiter zu verlängern.

"Er sollte sich überlegen, ob ein solcher Generalangriff sinnvoll ist", rügte CSU-Mittelstandspolitiker Hans Michelbach in der "Passauer Neuen Presse" den BDI-Präsidenten Keitel. "Mit solchen Pauschalurteilen wird man den Problemen bei der Krisenentschärfung nicht gerecht", kritisiert Michelbach und erklärte, die von der Regierung beschlossenen Verbesserungen im Unternehmen- und Erbschaftsteuerrecht kämen der Industrie direkt zugute.

Keitel hatte dazu zuvor in einem Interview gesagt, man nehme zur Kenntnis, dass mit steuerlichen "Reparaturen" begonnen worden sei, aber: "Im Detail bleibt das Gesetz hinter den Erwartungen zurück."

Schäuble: Bürger erwarten deutliches Signal

Unterdessen wies Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble Vorwürfe der Opposition zurück, die Koalition gebe das Geld der Bürger für Wahlgeschenke an Hoteliers aus statt zu sparen. Union und FDP sei es mit dem Haushaltsentwurf für 2010 gelungen, weitere Maßnamen zur Belebung der Wirtschaft auf den Weg zu bringen und zugleich die Neuverschuldung gegenüber den Plänen seines Amtsvorgängers Peer Steinbrück (SPD) leicht abzusenken, sagte der CDU-Politiker der "Süddeutschen Zeitung".

"Wirtschaft und Bürger, die gesamte Öffentlichkeit erwarten von uns ein deutliches Signal, dass wir die richtigen Lehren aus der Wirtschafts- und Finanzkrise ziehen", betonte Schäuble. "Wir können zwar 2010 wegen der andauernden Auswirkungen der Krise noch nicht auf einen konsequenten Konsolidierungskurs einschwenken. Aber wir müssen bereits jetzt deutlich machen: Die expansive Haushaltspolitik wird beendet."

Er werde "alle schon jetzt erkennbaren Einsparpotenziale" nutzen, sagte Schäuble. "Wenn sich dabei erweist, dass die Erfolge bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit es ermöglichen, die Ansätze für die Arbeitsmarktausgaben abzusenken: um so besser!" Er werde aber erst nach der Steuerschätzung im Mai Auskunft darüber geben, wo von 2011 an konkret gespart werden solle. "Bitte eins nach dem anderen", sagte er.

Der Minister betonte zugleich, dass die Konsolidierungsanstrengungen in jedem Fall erheblich gesteigert werden müssten, weil vom kommenden Jahr an die neue Schuldenregel im Grundgesetz eingehalten werden müsse. "Im Durchschnitt bedeutet das jährliche Konsolidierungsschritte von zehn Milliarden Euro."

Umfrage: FDP legt zu

Die FDP kommt indes einer neuen Umfrage zufolge langsam wieder aus ihrem Stimmungstief heraus. Die Liberalen legten um einen Punkt auf neun Prozent zu, wie der am Mittwoch veröffentlichte stern-RTL-Wahltrend ergab. Die Liberalen hätten damit aber weiter nicht annähernd ihre Stärke von der Bundestagswahl Ende September 2009, als sie 14,6 Prozent der Stimmen holten.

Die Union erreicht der Umfrage zufolge wie in der Vorwoche 35 Prozent. Auch die Werte für SPD und Grüne änderten sich nicht: 22 Prozent würden derzeit die Sozialdemokraten wählen, 16 Prozent die Grünen. Die Linke fiel um einen Punkt auf elf Prozent. Mit zusammen 44 Prozent liegen Union und FDP nun noch fünf Prozentpunkte hinter SPD, Grünen und Linken (gemeinsam 49 Prozent).

(DDP/RTR/apd/das)
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