Interview mit Andreas Scheuer "Wir müssen den Zustrom an Flüchtlingen begrenzen"

Der CSU-Generalsekretär fordert ein konsequenteres Vorgehen beim "Mega-Thema" Flüchtlingspolitik. Die EU müsse die Ursachen bekämpfen.

Der Generalsekretär der CSU, Andreas Scheuer (40).

Der Generalsekretär der CSU, Andreas Scheuer (40).

Foto: dpa

Herr Scheuer, die Bundesregierung rechnet in diesem Jahr mit 400 000 neuen Asylbewerbern. Ab welcher Zahl sehen Sie eine Obergrenze erreicht?

Scheuer Wer nur über die Aufnahme von immer mehr Flüchtlingen reden will, nicht aber über eine Reduzierung des Zustroms, gefährdet das Miteinander in unserer Gesellschaft. Wir müssen den Zustrom an Flüchtlingen nach Deutschland nicht nur besser managen, wir müssen ihn auch begrenzen. 60 Prozent der Flüchtlinge sind reine Wirtschaftsflüchtlinge und haben eine Ablehnungsquote von mehr als 99 Prozent. Daher müssen wir uns auf die Versorgung, die Sprachkurse und die berufliche Perspektive der 40 Prozent echten Kriegsflüchtlinge, also der wirklich Schutzbedürftigen, konzentrieren.

Durch die Sonderkontrollen im Rahmen von G 7 an den deutschen Außengrenzen sind Tausende illegal Einreisende aufgefallen. Brauchen wir dauerhaft wieder mehr Grenzkontrollen?

Scheuer In Bayern wird die Schleierfahndung stark ausgebaut. Doch wenn die Schleierfahndung einen illegal eingereisten Flüchtling auf deutschem Boden aufgreift, kann dieser ja hier einen Asylantrag stellen. In der EU muss man endlich erkennen, dass Flüchtlinge zum Mega-Thema geworden sind. Wir brauchen vor allem einen besseren Schutz der EU-Außengrenzen, weil diese löchrig geworden sind. Deutschland sollte die Länder mit EU-Außengrenzen beim Schutz ihrer Grenzen durch den Einsatz von Bundespolizei unterstützen. Dies hat zum Beispiel schon in Ungarn funktioniert, als zeitweise sehr viele Kosovaren über die ungarische Grenzen kamen.

Eine bessere Kontrolle der EU-Außengrenzen wird das Problem wahrscheinlich noch nicht lösen, denn viele kommen übers Meer.

Scheuer Richtig. Wir müssen auf die weltweiten Wanderungsbewegungen schauen. Derzeit sind rund 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Die EU muss die Fluchtursachen bekämpfen. Deutschland hat dazu die Mittel in der Entwicklungspolitik deutlich aufgestockt und geht mit gutem Beispiel voran. Es braucht Abkommen mit den Staaten in Afrika und der EU mit dem Ziel, dass der Sprung auf die Todesboote der Schleuser schon vor Ort gestoppt wird. Zudem müssen weitere Länder als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden: Kosovo, Albanien und Montenegro. Auch eine neue Visumspflicht für den Balkan würde helfen, den Zustrom zu begrenzen.

Sollten Bundesländer, die nicht oder kaum abschieben, weniger Geld vom Bund bekommen?

Scheuer Die Länder sind verpflichtet, abgelehnte Asylbewerber abzuschieben. Der Grundsatz muss gelten: Abgelehnt heißt ausreisen oder abschieben! Wir müssen gemeinsam akribisch darauf achten, dass alle Länder dieser Verpflichtung auch nachkommen. Deswegen will die CSU nicht nur über Finanzen, sondern auch über Strukturen reden. Es braucht klare Regeln in dieser großen gesamtstaatlichen Kraftanstrengung.

(qua)
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