Merkel für Recht auf Beschneidung "Wir machen uns zur Komiker-Nation"

Berlin · Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich für das Recht auf Beschneidungen stark gemacht. Sie wolle nicht, dass Deutschland das einzige Land auf der Welt sei, in dem Juden nicht ihre Riten ausüben können.

Beschneidung bei Männern - das sind die Fakten
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"Wir machen uns ja sonst zur Komiker-Nation", so die Bundeskanzlerin nach Informationen der "Financial Times Deutschland". Auch Bundesfamilienministerin Kristina Schröder erklärte, "verantwortungsvoll durchgeführte Beschneidungen von Jungen" müssten in Deutschland möglich sein.

Zugleich betonte sie, dass sie nur einer Regelung zustimmen könne, die die weibliche Genitalverstümmelung rechtssicher ausschließe. Unterdessen einigten sich alle Bundestagsfraktionen außer der Linken auf eine Resolution für das Beschneidungsrecht.

Den Vorstoß Merkels gegen ein Beschneidungsverbot hat die Vizepräsidentin des Jüdischen Weltkongresses, Charlotte Knobloch, begrüßt. "Diese Klarstellung war fällig", schreibt die ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden in einem Gastbeitrag für die Zeitung "Westfalen-Blatt" aus Bielefeld. Knobloch erkennt ausdrücklich an: "Angela Merkel will verhindern, dass Deutschland als einziges Land den jüdischen Ritus verbietet."

Grauman fordert richtiges Zeichen der Politik

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) dämpfte die Hoffnungen auf eine schnelle Regelung. Dem Bayerischen Rundfunk (BR) sagte sie, die Bundesregierung prüfe eine Klarstellung im Familienrecht, beim Sorgerecht oder im Patientenrechtegesetz. Es lasse sich aber nicht einfach sagen, jeder religiös motivierte Eingriff sei immer erlaubt. Das könnte Ausweitungen haben, die bestimmt von niemandem gewollt seien. Als Beispiel nannte sie die Genitalverstümmelung von Mädchen.

Zugleich übte Leutheusser-Schnarrenberger Kritik an dem Urteil des Kölner Landgerichts. Dabei handle es sich um eine Einzelfallentscheidung, die nicht im Einklang mit dem stehe, was bisher rechtlich gelte. Nach eigenen Worten wäre die Ministerin froh über einen Spruch des Bundesverfassungsgerichts. Denn das Urteil sei rechtskräftig und deshalb nicht in nächster Instanz anfechtbar.

Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, sprach im BR von einem richtigen Zeichen der Politik, baldmöglichst für Klarheit sorgen zu wollen. Zugleich beklagte er sich aber über Töne in der Diskussion, dass die Juden ihren Kindern bewusst Schaden zufügen wollten. "Das ist für mich ganz besonders infam und verletzend." Er verbitte sich besserwisserische Erklärungen.

Resolution am Donnerstag

Nach Informationen der Zeitung "Neue Westfälische" wollen alle Bundestagsfraktionen außer der Linken am Donnerstag eine Resolution zur Beschneidung ins Parlament einbringen. Sie soll den politischen Willen zum Ausdruck bringen, die religiös motivierte Beschneidung von Jungen bei Juden und Muslimen straffrei zu halten, wie das Blatt unter Berufung auf Parlamentskreise berichtet. Die Fraktionen wollen demnach die Bundesregierung auffordern, schnellstmöglich ein entsprechendes Gesetz auf den Weg zu bringen.

Mit dem Urteil hatte das Kölner Landgericht im Juni erstmals in Deutschland die Beschneidung von Jungen als strafbare Handlung gewertet. Das Grundrecht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit überwiege das Grundrecht der Eltern. Religionsfreiheit und Erziehungsrecht der Eltern würden nicht unzumutbar beeinträchtigt, wenn sie eine spätere eigene Entscheidung des Kindes abwarteten, so die Richter.

(KNA)
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