Wie die SPD auf Gabriels Kritik reagiert "Niemand hat tatsächlich das Recht auf ein bestimmtes Amt"

Berlin · Nach Sigmar Gabriels Abrechnung mit der SPD-Spitze warnen führende Sozialdemokraten vor Personaldebatten. Schließlich steht das wichtige Mitgliedervotum über den Koalitionsvertrag mit der Union an. Der Außenminister selbst erntet Kritik, aber auch Verständnis.

So reagiert das Internet auf Sigmar Gabriels Abrechnung mit der SPD
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Foto: dpa, soe fpt lof

"Zurück zu den Inhalten, und dann werden die Positionen besetzt - das ist die richtige Reihenfolge", sagte der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner am Freitag dem NDR. "Ich glaube, dass wir gut beraten sind, darüber zu reden, um was es jetzt wirklich geht. Das ist die Zukunft Deutschlands und die Fragen, die in dem Koalitionsvertrag mit der Union eine Rolle spielen", fügte Stegner hinzu.

Der Landeschef der schleswig-holsteinischen SPD sagte, dass es vor dem Mitgliedervotum zur Neuauflage der großen Koalition nur um die inhaltlichen Fragen gehen sollte. "Für alles andere habe ich wenig Verständnis."

Nach der Einigung auf den Koalitionsvertrag am Mittwoch hatte SPD-Chef Martin Schulz angekündigt, das Amt des Außenministers anzustreben. Gabriel beklagte daraufhin einen respektlosen Umgang mit ihm und sprach von einem Wortbruch. Damit spielte er offenbar auf ein angebliches Versprechen von Schulz an, dass Gabriel im Fall einer neuen großen Koalition Außenminister bleiben dürfe. Allerdings ist nicht bestätigt, dass es dieses Versprechen so gegeben hat.

"Ich habe das Amt des Außenministers gern und in den Augen der Bevölkerung offenbar auch ganz gut und erfolgreich gemacht", sagte Gabriel den Funke-Zeitungen. "Und da ist es ja klar, dass ich bedauere, dass diese öffentliche Wertschätzung meiner Arbeit der neuen SPD-Führung herzlich egal war."

SPD-Vize Olaf Scholz wies die Kritik von Gabriel zurück. "Das Wichtigste ist, dass alle, die als Person in der Politik aktiv sind, immer einen Blick dafür behalten, dass es um die Sache geht - und in diesem Fall ist das unser Land", sagte Scholz am Donnerstagabend im ZDF-"heute journal". Gabriel habe als langjähriger Parteivorsitzender und zuletzt als Außenminister "Hervorragendes geleistet".

Einen Bruch zwischen der SPD und Gabriel sieht Scholz, der als Finanzminister und Vizekanzler im Gespräch ist, nicht. "Ich hoffe und glaube nicht, dass das so ist", sagte er. Auch Scholz rief die SPD dazu auf, sich in der Debatte zuerst auf die Inhalte zu konzentrieren: "Ich plädiere dafür, dass wir zur Sache reden."

Kritik von Thüringes Finanzministerin

Scholz verteidigte die Entscheidung von Schulz, das Amt des Außenministers anzustreben. "Martin Schulz ist international vernetzt, er war Präsident des Europaparlaments", sagte er. "Er ist jemand, der leidenschaftlich Außenpolitik und Europapolitik betrieben hat und das auch gut kann. Insofern ist das eine sehr nachvollziehbare Entscheidung." Seinen wohl bevorstehenden Aufstieg zum Finanzminister wollte Scholz in dem Interview nicht bestätigen.

Die thüringische Finanzministerin Heike Taubert wies Gabriel zurecht. "Niemand hat tatsächlich das Recht auf ein bestimmtes Amt", sagte Taubert am Freitag dem Deutschlandfunk. Als Gabriel den Parteivorsitz an Martin Schulz abgab, hätte ihm klar sein müssen, dass er nun Entscheidungen der Parteiführung akzeptieren müsse.

Taubert ergänzte, sie wisse nicht, ob Gabriel der Verbleib im Außenministerium versprochen worden sei. Aber so etwas könne man ohnehin nicht versprechen. Auch hohe Beliebtheitswerte könnten kein Argument in einer solchen Debatte sein.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Ulrich Kelber (SPD), wiederum hat Verständnis für die heftige Kritik an der SPD-Führung, hält dessen Wortwahl aber für falsch. "Sigmar Gabriel ist ne dufte Type. Er ist nicht einfach, weil er auch mal schnell rumpoltert", sagte Kelber am Freitag dem Radiosender Bayern 2. "Ich kann seinen Frust verstehen. Ich hätte an seiner Stelle aber nicht die gleiche Wortwahl und den gleichen Weg getroffen."

Auch Grünen-Chef Robert Habeck äußerte Verständnis. Dass Gabriel nun "so hinlangt", sei "irgendwie auch menschlich ok", sagt Habeck dem ARD-Morgenmagazin.

(das/AFP/rtr/dpa)
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