Interview mit SPD-Geschäftsführer Oppermann "Westerwelle nicht ministrabel"

Düsseldorf (RP). Fraktions-Geschäftsführer Thomas Oppermann (SPD) sprach mit unserer Redaktion über die Erfolgschancen seiner Partei bei den Wahlen in NRW, mögliche Bündnispartner, Guido Westerwelle und die Hartz-IV-Forderungen von Spitzenkandidatin Hannelore Kraft.

 Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, fordert Aufklärung in Bezug auf die Bilanzfehler bei der HRE.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, fordert Aufklärung in Bezug auf die Bilanzfehler bei der HRE.

Foto: ddp

Nimmt Ihnen Schwarz-Gelb derzeit die Oppositionsarbeit ab?

Oppermann Bei der Regierung läuft so viel schief, dass wir manchmal nicht wissen, was wir zuerst kritisieren sollen. Trotzdem werden wir weiter Druck machen, damit dieses Land nicht vor die Wand fährt. Wir zeigen ja auch Verantwortung, etwa beim Afghanistan-Mandat oder bei der Jobcenter-Reform.

Also gilt: Die SPD wäre schon morgen wieder regierungsfähig?

Oppermann Wir könnten das Land auf jeden Fall besser regieren. Aber es ist nicht absehbar, dass die Regierung auseinanderbricht. Die klammern sich bis zum letzten Tag an die Macht.

Was ist, wenn es in NRW nur für eine große Koalition reicht? Droht der Landes-SPD dann das gleiche Schicksal wie der SPD im Bund?

Oppermann Der Abschied von der Macht für Jürgen Rüttgers naht. Wir setzen auf Rot-Grün, das ist möglich und wird immer wahrscheinlicher.

Die Frage war eigentlich nach einer großen Koalition.

Oppermann Ich glaube nicht, dass die NRW-SPD Ratschläge aus Berlin braucht. Aber ich kann mir fast jede Regierung vorstellen, bei der Hannelore Kraft Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen wird.

Die Attacken der SPD auf FDP-Chef Westerwelle sind so scharf, dass ein Ampel-Bündnis ausscheidet. Richtig?

Oppermann Ich habe jedenfalls große Zweifel, ob Westerwelle als Außenminister überhaupt ministrabel ist. Man gewinnt den Eindruck, dass er diesem Amt nicht gewachsen ist. Es gelingt ihm nicht einmal, Staats- und Privatgeschäfte sauber zu trennen. Westerwelle beschädigt das Amt des Außenministers, wenn jetzt vorzugsweise Geschäftsleute, die vor der Wahl für die FDP gespendet haben, den Außenminister auf Regierungsreisen begleiten und als Türöffner nutzen dürfen. Von Vorgängern wie Genscher, Fischer oder Steinmeier ist Westerwelle meilenweit entfernt.

Ist die Spitzenkandidatin der NRW-SPD, Hannelore Kraft, denn regierungsfähig, wenn sie Tausende Arbeitslose für arbeitsunfähig erklärt?

Oppermann Hannelore Kraft hat zurecht erkannt, dass es viele arbeitsfähige und arbeitswillige Hartz-IV-Empfänger gibt, die auf dem ersten Arbeitsmarkt keine Chance haben.

Wer sagt das?

Oppermann Das zeigen die Zahlen der Arbeitsagenturen. Hannelore Kraft erfindet ja nicht etwas, sondern beruft sich auf seriöse Studien und Experten. Demnach ist ein Viertel der 1,1 Millionen Langzeitarbeitslosen für den ersten Arbeitsmarkt nur sehr schwer vermittelbar. Für diese Menschen sollte eine gemeinnützige Beschäftigung geschaffen werden. Das ist sinnvoll, weil die Betroffenen mit einer regulären Arbeit Würde zurückerlangen.

Michael Bröcker und Eva Quadbeck führten das Gespräch.

(RP)
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