Mecklenburg-Vorpommern Wahldebakel — Merkel gibt Mitschuld zu

Berlin/Hangzhou · Die Kanzlerin übernimmt die Verantwortung für das schlechte Abschneiden der CDU in Mecklenburg-Vorpommern. In der Union entbrennt eine neue Debatte über die Flüchtlingspolitik.

 Angela Merkel beim G20-Gipfel in China, wo sie sich zur Wahlschlappe in Mecklenburg-Vorpommern äußerte.

Angela Merkel beim G20-Gipfel in China, wo sie sich zur Wahlschlappe in Mecklenburg-Vorpommern äußerte.

Foto: dpa, bvj tba

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich am Rande des G 20-Gipfels im chinesischen Hangzhou tief getroffen vom Abschneiden ihrer Partei bei den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern gezeigt. Viele Menschen hätten kein Vertrauen in die Lösungskompetenz bei den Flüchtlingsthemen. Das müsse die CDU jetzt zur Kenntnis nehmen. "Ich bin Parteivorsitzende, ich bin Bundeskanzlerin, und in den Augen der Menschen kann man das nicht trennen. Und deshalb bin ich natürlich auch verantwortlich", sagte Merkel.

Die CDU war am Sonntag in Merkels eigenem Bundesland erstmals von der AfD überholt worden. Sie musste sich mit 19,0 (-4,0) gegenüber der AfD mit 20,8 Prozent geschlagen geben. Die SPD unter Ministerpräsident Erwin Sellering erzielte 30,6 (-5,0) Prozent und kann sich nun aussuchen, ob sie erneut mit der CDU oder mit den Linken regieren will, die auf 18,4 (-5,2) Prozent kamen. Er wolle mit beiden intensiv verhandeln, sagte Sellering. Die Grünen waren mit 4,8 (-3,9), die NPD mit 3,0 (-3,0) und die FDP mit 2,8 (+0,2) Prozent an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Führende AfD-Funktionäre zeigten sich bereit, bereits nach den Bundestagswahlen 2017 Regierungsverantwortung zu übernehmen.

Heftige Kritik von CSU-Chef Seehofer

"Alle müssen darüber nachdenken, wie können wir jetzt das Vertrauen wieder zurückgewinnen — und vorneweg natürlich ich", sagte Merkel in Hangzhou. Derartige Stellungnahmen zu innenpolitischen Ereignissen sind auf Auslandsreisen unüblich. Dazu hatte Merkel Tisch und Fahnen ihres Abschlussstatements zum G 20-Gipfel entfernen lassen, um vor neutraler Wand zu sprechen. Für eine Telefonschaltkonferenz mit den CDU-Vorstandsmitgliedern war sie zuvor aus den Gipfelberatungen ausgeschieden.

Wie Teilnehmer berichteten, habe Merkel bei dieser Konferenz mitgenommen, geradezu schockiert gewirkt. Wiederholt hatte sie sich in den Wahlkampf ihrer Partei eingeschaltet und von sich aus die Themen Sicherheit und Flüchtlinge angesprochen. In Berlin erklärte CDU-Generalsekretär Peter Tauber: "Angela Merkel hat das Land durch viele Krisen geführt. Die Anhänger der Union vertrauen darauf, dass die Kanzlerin dies auch künftig tut."

Heftige Kritik an Merkels Politik kam von CSU-Chef Horst Seehofer. Der "Süddeutschen Zeitung" sagte er: "Die Lage für die Union ist höchst bedrohlich", die Menschen wollten "diese Berliner Politik nicht". Seine "mehrfache Aufforderung zur Kurskorrektur" in der Flüchtlingspolitik sei nicht aufgenommen worden.

JU-Chef Ziemiak verlangt offizielles Bekenntnis der Flüchtlinge zum Grundgesetz

"Offen und emotional" solle die CDU zugeben, dass sie einen schwierigen Prozess in der Flüchtlingspolitik umsetze, forderte Thüringens CDU-Chef Mike Mohring. Die linken und die rechten Ansätze seien keine Alternativen. "Weder kann sich Deutschland unbegrenzt öffnen, noch kann es sich abriegeln", erklärte Mohring. Der Chef der Jungen Union (JU) , Paul Ziemiak sagte, das Wahlergebnis sei ein Schock für die CDU. Die Bundesregierung müsse ein unmissverständliches Signal dafür setzen, dass "Multikulti ein Auslaufmodell" sei.

"Das A und O für die Union ist es, noch klarer zu sagen, dass jeder, der hierherkommt, sich uns anzupassen hat und nicht umgekehrt", sagte das CDU-Vorstandsmitglied. Ziemiak verlangte, dass alle Zuwanderer ein "offizielles Bekenntnis zum Grundgesetz ablegen müssen". "Wir werden auch deutlich machen, dass Deutschland ein ganz schlechter Ort ist für den, der den Salafismus predigen will", betonte der JU-Chef.

(may-, qua)
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