Verfassungsschutz "Al Bakr hätte schon diese Woche zuschlagen können"

Frankfurt/Main · Verfassungsschutz-Chef Maaßen hat neue Details zu den Plänen von Dschaber al Bakr genannt: Demnach befürchtete seine Behörde, der terrorverdächtige Syrer habe einen zeitnahen Anschlag geplant.

 Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen.

Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen.

Foto: dpa, rje pzi

Nach Einschätzung des Verfassungsschutzes hätte der 22-jährige Dschaber al Bakr innerhalb weniger Tage eine Bombe in Deutschland zünden können. Behördenpräsident Hans-Georg Maaßen sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", seine Behörde habe den Eindruck gewonnen, "dass der Verdächtige schon in dieser Woche einen Anschlag verüben könnte". Deswegen sei der Zugriff der Polizei auf den 22-jährigen mutmaßlichen Islamisten am Wochenende erfolgt.

Der Syrer war nach einem am Samstag in Chemnitz gescheiterten Zugriff der sächsischen Polizei in der Nacht zum Montag in Leipzig von Landsleuten überwältigt und gefesselt der Polizei übergeben worden. Er soll nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes einen Anschlag auf einen Berliner Flughafen vorbereitet haben. In einer Chemnitzer Wohnung fand die Polizei 1,5 Kilogramm des hochgefährlichen Sprengstoffs TATP. Der Wohnungsmieter wurde als mutmaßlicher Komplize verhaftet.

Al Bakr war Anfang 2015 als Flüchtling nach Deutschland gekommen. Nach Recherchen des MDR war er zwischenzeitlich wieder in Syrien. Das habe die Familie des 22-Jährigen mitgeteilt, berichtete das Magazin "Exakt". Laut Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) wurde Al Bakr 2015 von den Sicherheitsbehörden überprüft. "Allerdings ohne Treffer. Es steht ja auch noch gar nicht fest, wann es dort zu einer Radikalisierung gekommen ist", sagte er am Mittwoch in Berlin.

Dem MDR zufolge reiste Al-Bakr im Herbst vergangenen Jahres zwei Mal in die Türkei und hielt sich auch einige Zeit in der syrischen Stadt Idlib auf. Mitbewohner aus dem nordsächsischen Eilenburg hätten ebenfalls von seinem Aufenthalt in Idlib berichtet. Sie hätten den 22-Jährigen aber nicht als besonders religiös beschreiben. Nach seiner Rückkehr soll er sich jedoch verändert haben.

Mit Blick auf Forderungen nach mehr Kompetenzen für die Geheimdienste bei der Überprüfung von Flüchtlingen verwies de Maizière darauf, dass es bereits entsprechende Möglichkeiten gebe, an deren Umsetzung "mit Hochdruck gearbeitet" werde. Zugleich sprach er den Syrern Lob und Anerkennung aus, die Al Bakr in Leipzig festgesetzt hatten.

Bundesverdienstkreuz für den syrischen Helfer?

Unterdessen wurden Forderungen laut, die Syrer mit dem Bundesverdienstkreuz auszuzeichnen. Sie hätten das verdient, sagte der SPD-Verteidigungsexperte Johannes Kahrs der "Bild"-Zeitung. Auch der CDU-Außenpolitiker Jürgen Klimke sprach sich dafür aus. "Wir müssen hier die Kirche im Dorf lassen", sagte dagegen der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Reiner Wendt, "Focus online". Die Syrer hätten großes Lob verdient. "Aber wir dürfen so etwas auch erwarten, schließlich gewähren wir diesen Menschen Schutz."

Auch de Maizière äußerte sich zurückhaltend. "Eine Anregung an den Bundespräsidenten, einen Orden zu verleihen, kann jedermann geben, und der Bundespräsident wird das dann entscheiden", sagte er. Aber: "Wenn Menschen, die bei uns leben, bei öffentlichen Fahndungsaufrufen den Sicherheitsbehörden helfen, und das möglicherweise auch unter Inkaufnahme der Gefahr für sie selbst, dann verdient ein solches Verhalten Lob und Anerkennung."

Nach dem Sprengstofffund in der Chemnitzer Wohnung, in der Al Bakr einen Anschlag vorbereitet haben soll, überdenkt die Stadtverwaltung ihr Konzept der dezentralen Unterbringung von Flüchtlingen. Es müsse überlegt werden, ob eine Unterbringung in Sammel- oder Gemeinschaftsunterkünften mehr Sicherheit biete, sagte ein Sprecher.

(felt/dpa)
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