Politische Debatte Union will Wahlkampf gegen doppelte Staatsbürgerschaft

Berlin · Die Union will die doppelte Staatsbürgerschaft zum Thema im Bundestagswahlkampf 2017 machen. Eine doppelte Staatsangehörigkeit führe zu Loyalitätsproblemen, sagt Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU).

Das sind die Forderungen der Unions-Innenminister
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Foto: dpa

"Eine Staatsangehörigkeit muss die Loyalität zu dem Staat umfassen, zu dem man gehören will. Das ist die Grundauffassung der Union. Und das bleibt auch so", sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Grosse-Brömer (CDU), unserer Redaktion.

Nach aktueller Rechtslage können EU-Bürger und Migranten aus einer Reihe ausgewählter Staaten in Deutschland einen Doppelpass besitzen. Die Türkei gehört nicht dazu. Für sie und Migranten der übrigen Nationen gilt, dass nur ab 2000 geborene Kinder künftig zwei Pässe behalten dürfen. Die Älteren fallen unter die Optionspflicht und mussten mit dem 23. Geburtstag entscheiden, ob sie Deutsche sein wollten oder die Staatsangehörigkeit des Herkunftslands ihrer Eltern behalten wollten.

Auch die Aufhebung dieses sogenannten Optionsmodells, auf die sich die große Koalition 2014 geeinigt hatte, ist in der Union nach wie vor hochumstritten. "Die Abschaffung der Optionspflicht für bestimmte Bevölkerungsgruppen war ein Kompromiss mit der SPD und wird in dieser Wahlperiode nicht rückgängig gemacht", sagte Grosse-Brömer und fügte hinzu: "Aber natürlich werden wir unsere Grundüberzeugungen auch zu diesem Thema im Wahlkampf deutlich machen." Die Union bleibe Gegnerin eines generellen Rechts auf doppelte Staatsangehörigkeit, das es in Deutschland nicht gibt und mit der Union auch nicht geben werde, betonte der CDU-Politiker.

Die Ankündigung, das Thema der doppelten Staatsbürgerschaft im Wahlkampf zu spielen, weckt die Erinnerung an den hochumstrittenen Wahlkampf 1999 des damaligen hessischen Oppositionsführers Roland Koch (CDU). Er startete damals eine Unterschriftenaktion gegen die von der rot-grünen Bundesregierung geplante doppelte Staatsbürgerschaft. Innerhalb von drei Wochen kamen 400.000 Unterschriften zusammen; Koch gewann die Wahl. Für seine Listen wählte er eine zurückhaltende Formulierung, die der Ablehnung der doppelten Staatsbürgerschaft ein Bekenntnis zur Integration "der dauerhaft und rechtmäßig in Deutschland lebenden ausländischen Mitbürger" zur Seite stellte. Dennoch musste sich Koch den Vorwurf einer fremdenfeindlichen Aktion gefallen lassen. Teilweise waren die Bürger mit der Frage an die Unterschriftenstände gekommen: "Wo kann man hier gegen Ausländer unterschreiben?"

Das Thema der doppelten Staatsbürgerschaft wurde wie das Burka-Verbot vergangene Woche zum Streitthema in der Union. Auslöser war der Entwurf der Unionsinnenminister für eine "Berliner Erklärung". Als treibende Kräfte agierten Berlins Innensenator Frank Henkel und Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (beide CDU), die im September vor Landtagswahlen stehen.

Die Erklärung sollte eine sicherheitspolitische Reaktion auf die Attentate von Würzburg und Ansbach sein. Damit vermengt wurden aber auch Fragen der Integration. So bezeichnen die Autoren der Erklärung die doppelte Staatsbürgerschaft als "ein großes Integrationshindernis". Wer sich für die Politik ausländischer Regierungen engagieren wolle, dem legen die Autoren nahe, Deutschland zu verlassen.

Diese Passage war auf jene Türken gemünzt, die in Köln für die Wiedereinführung der Todesstrafe in ihrer Heimat protestierten. Obwohl gerade diese Personen kein Recht auf eine doppelte Staatsbürgerschaft haben, ist die Debatte in der Union nicht mehr einzufangen. Zu groß ist der Unmut auch schon über die Abschaffung der Optionspflicht.

(may-/qua)
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