Reaktion auf FDP-Vorstoß Union will Gesetz zur Sterbehilfe verschärfen

Berlin · Die Regierung plant, die gewerbsmäßige Sterbehilfe zu verbieten. Vielen Unionspolitikern geht das nicht weit genug. Sie fordern, den Gesetzentwurf zu verschärfen.

Fakten zur Sterbehilfe in Deutschland
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Foto: ddp

In der Union gibt es Unmut über den Gesetzentwurf zur Sterbehilfe aus dem FDP-geführten Justizministerium. Das Gesetz sieht vor, dass die gewerbsmäßige Beihilfe zum Selbstmord mit bis zu drei Jahren Gefängnis unter Strafe gestellt werden soll.

Angehörige, Ärzte und andere den Sterbewilligen nahe stehende Personen sollen sich weiterhin nicht strafbar machen, wenn sie Beihilfe zum Suizid leisten. Die Kritiker aber fordern eine weitergehende Regelung, wonach grundsätzlich organisierte Sterbehilfe per Gesetz verboten werden soll.

Auch die Ärzteschaft hat Bedenken. Sie fürchtet ein falsches Signal durch das neue Gesetz, das die Schwelle für einen Suizid sogar herabsetzen könnte. Auch der CDU-Abgeordnete und Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe, gehört zu den Kritikern. "Wenn man nur die gewerbsmäßige Sterbehilfe verbietet, ist das ähnlich, wie das Falschparken auf dem Mars zu verbieten", sagte Hüppe. Das Problem liege bereits in der organisierten Sterbehilfe, gegen die der Gesetzgeber etwas unternehmen müsse, nicht erst in der Frage, ob diese gewerbsmäßig sei.

Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), der von Anfang an Kritik von Ärzten, Kirchen und Lebensschützern entgegenschlug, argumentiert, dass sich in "schwierigen Konfliktsituationen für Angehörige und Freunde Schwerkranker" das Strafrecht zurückhalten müsse. Sie fordert auch "Respekt vor den unterschiedlichen ethischen Auffassungen".

Der Gesetzentwurf wurde bereits Ende November in erster Lesung in den Bundestag eingebracht. Innerhalb der Union gibt es Überlegungen, nun einen eigenen Gesetzentwurf vorzulegen. Allerdings will Hüppe zunächst das Ergebnis einer offenen Fraktionssitzung zu dem Thema im Januar abwarten. Die Kritiker hoffen auch, dass für die Abstimmung im Bundestag der Fraktionszwang aufgehoben werden könnte. Dies war bislang immer der Fall, wenn die Abgeordneten über Gewissensfragen von Leben und Tod wie Präimplantationsdiagnostik oder Spätabtreibung entscheiden mussten.

Ein bereits ausformulierter alternativer Entwurf sieht vor, das strafrechtliche Verbot der Hilfe zum Selbstmord deutlich weiter zu fassen. Demnach soll organisierte Sterbehilfe, Suizidförderung aus selbstsüchtigen Motiven und "die Werbung zur Förderung von Selbsttötungen" ausdrücklich verboten werden. "Das Auftreten von Organisationen, die eine ,Suizidbeteiligung' als Dienstleistung anbieten und für ihr Tätigwerden auch öffentlich werben, stellt eine neue Entwicklung dar, die eine Reaktion des Gesetzgebers erfordert", heißt es in dem Gesetzentwurf, der unserer Zeitung vorliegt.

Die Kritiker des aktuellen Gesetzentwurfs bestehen darauf, dass die organisierte Sterbehilfe ausdrücklich verboten wird. Denn sie fürchten, dass mit der alleinigen Strafbarkeit der gewerbsmäßigen Suizid-Beihilfe jene Gruppierungen, die heute schon organisiert Sterbehilfe gegen Geld anbieten, künftig als gemeinnützige Vereine firmieren. "Die heute in Deutschland aktiven Sterbehilfeorganisationen könnten auch nach Inkrafttreten des bisher geplanten Gesetzes einfach weitermachen", sagte Hüppe. Man werde ihnen Gewerbsmäßigkeit nicht nachweisen können.

Die Kritiker haben vor allem den Verein Sterbehilfe Deutschland im Blick, der von dem früheren CDU-Mitglied und ehemaligen Hamburger Justizsenator Roger Kusch geführt wird. Der Verein gab sich im September 2012 eine neue Satzung, nachdem der Gesetzentwurf des Justizministeriums bekannt geworden war, wonach die gewerbsmäßige Sterbehilfe verboten ist. Der Verein stellt nun klar: "Um zu dokumentieren, dass der Verein keinerlei wirtschaftliche Zielsetzung hat, zahlt er im Falle eines begleiteten Suizids sämtliche Geldbeträge zurück, die er zuvor von dem Mitglied erhalten hatte."

(qua)
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