Sondierungen gehen Sonntag weiter Union, FDP und Grüne beenden Verhandlungen

Berlin · Die Hängepartie dauert an: Am Samstagabend haben CDU, CSU, FDP und Grüne ihre Gespräche über ein mögliches Jamaika-Bündnis beendet. Am Sonntagvormittag sollen sie fortgesetzt und im Laufe des Tages erfolgreich abgeschlossen werden.

 Reporter warten in Berlin auf Statements zur Fortsetzung der Sondierungsgespräche vor der CDU Zentrale.

Reporter warten in Berlin auf Statements zur Fortsetzung der Sondierungsgespräche vor der CDU Zentrale.

Foto: dpa, mkx gfh

Die Sondierungen können aber nach den Worten von CSU-Chef Horst Seehofer anders als geplant nicht am Sonntag um 18 Uhr beendet werden. Dies liege daran, dass noch ein "Berg von Entscheidungen" zu bewältigen sei. "Die Verantwortung bleibt, dass man das Menschenmögliche tun muss, für Deutschland eine Regierung mit einem sauberen Programm zu bilden, aber das muss eben wirklich sorgfältig erfolgen." Die FDP hatte signalisiert, dass sie möglichst bis Sonntag um 18 Uhr Klarheit über das Ergebnis der Sondierungen herstellen will.

Allerdings haben sich die Unterhändler offenbar auf eine gemeinsame Agrarpolitik geeinigt. "Da ändert sich jetzt echt etwas", sagt die Grünen-Unterhändlerin Katrin Göring-Eckardt.

Nach Angaben von Teilnehmern gibt es bei den Themen Landwirtschaft, Wirtschaft und Verkehr Fortschritte. Bei der Migration stehe immer noch das Thema Familiennachzug für Flüchtlinge als größter Brocken im Weg.

Vor Beginn der Gespräche am Samstag betonten alle Seiten ihre Einigungsbereitschaft, aber auch die Notwendigkeit, bis Sonntagabend zu Kompromissen zu kommen und eine Entscheidung herbeizuführen.

Sollten die noch bestehenden Differenzen bei den Beratungen unter Federführung von Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel nicht zu überbrücken sein, droht ein Scheitern der Verhandlungen. Dann käme es wohl zu Neuwahlen.

Nach Angaben aus Verhandlungskreisen erwies sich der Familiennachzug für alle Flüchtlingsgruppen als Dreh- und Angelpunkt der Debatte am Samstag. Die Frage sei zu einem Symbolthema insbesondere für CSU und Grüne geworden, was einen Kompromiss erschwere, hieß es.

Blüm für Familiennachzug

Der frühere Arbeits- und Sozialminister Norbert Blüm (CDU) hat derweil seine Partei eindringlich aufgerufen, in den Koalitionsverhandlungen den Familiennachzug auch Flüchtlingen mit subsidiärem Schutz zu gewähren. "Es widerspricht den Grundüberzeugungen der christlichen Soziallehre, den Familiennachzug für wie viele Flüchtlinge auch immer zu verbieten", schreibt Blüm in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung".

Ehe und Familie seien auf Dauer angelegt, Ehemann und Ehefrau gehörten zusammen und Kinder zu ihren Eltern. Das gelte immer und überall, unabhängig von Staatsangehörigkeit, Religion und Zahl der Betroffenen. Das Verbot von Familiennachzug komme einer staatlich erzwungenen Scheidung gleich.

Mit seiner Partei, die sich gegen entsprechende Forderungen der Grünen wehrt, geht Blüm hart ins Gericht: "Wenn der Familiennachzug für Flüchtlinge, egal wie klein oder groß deren Zahl ist, an der CDU scheitert, wird das eine Wunde in die Seele der Partei reißen, die lange eitert. Das Gesicht der CDU würde verschandelt."

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte der "Welt am Sonntag", er könne sich nicht vorstellen, dass die Unterhändler ernsthaft das Risiko von Neuwahlen heraufbeschwören wollten. "Wenn jetzt von den Jamaika-Verhandlern hart um große Fragen wie Migration und Klimaschutz gerungen wird, muss das kein Nachteil für die Demokratie sein." Über die Debatte zum Umgang mit Flüchtlingen und Zuwanderern sagte er: "Wir werden diese Phase nicht überwinden, solange die Migrationsdebatte moralisches Kampfgebiet bleibt." Die Politik müsse jetzt Vorschläge für eine kontrollierte und gesteuerte Zuwanderung entwickeln.

(felt)
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