Ärger nach "Umvolkungs"-Tweet Kauder sieht keinen Grund für Kudla-Rauswurf
Berlin · Die Führung der Unionsfraktion will die CDU-Bundestagsabgeordnete Bettina Kudla wegen der Verwendung des Nazi-Begriffs "Umvolkung" noch diese Woche zur Rede stellen. Ein Rausschmiss steht aber nicht zur Debatte.
"Man muss Fehlverhalten deutlich ansprechen", sagte Parlamentsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) am Dienstag. Grund für einen Rauswurf aus der Fraktion sieht deren Vorsitzender Volker Kauder (CDU) aber momentan nicht. "Wir sollten jetzt nichts überstürzen", sagte er "Spiegel Online".
In der Unionsfraktionssitzung am Dienstagnachmittag war Kudla anwesend, äußerte sich nach Angaben von Teilnehmern aber nicht, obwohl ihre Tweets Thema waren und kritisiert wurden. Kauder mahnte in der Sitzung, die Union müsse sich vom Ton der Demokratiegegner absetzen.
In Unionskreisen hieß es nach der Fraktionssitzung, es werde wohl nicht zu einem Ausschlussverfahren kommen, wenn Kudla nicht noch einmal nachlege.
Flüchtlings-Tweet sorgt für Ärger
Die CDU-Bundestagsabgeordnete hatte am Samstag im Kurzbotschaftendienst Twitter zur Flüchtlingskrise geschrieben: "Die Umvolkung Deutschlands hat längst begonnen". Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) "streitet es ab".
Kauder nannte auf "Spiegel Online" die Wortwahl Kudlas "völlig inakzeptabel". Er verwies zugleich darauf, dass Kudla den betreffenden Tweet gelöscht habe. "Das ist ein wichtiges Zeichen, dass sie die Kritik, die sich an ihrer Aussage entzündet, annimmt", sagte der Unionsfraktionschef. "Momentan gibt es keinen Grund, Frau Kudla aus der Fraktion auszuschließen."
Grosse-Brömer sagte, Kudla solle die Gelegenheit bekommen, "persönlich Gehör zu finden". Ein konkreter Termin sei noch nicht vereinbart. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte, in dem geplanten Gespräch sei eine "sehr deutliche Ansage gegenüber Frau Kudla notwendig". Hasselfeldt zeigte sich "sehr, sehr befremdet über diese Ausdrucksweise".
Kudla löschte neben dem Eintrag zur "Umvolkung" auch eine frühere abwertende Bemerkung über den verfolgten türkischen Journalisten Can Dündar. Den früheren Chefredakteur der Oppositionszeitung "Cumhuriyet" hatte sie ebenfalls bei Twitter als "Cansel Dünnschiss" tituliert.
Kudla seit sieben Jahren im Bundestag
Bislang hatte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion erst einmal einen Abgeordneten ausgeschlossen. Im November 2003 stellte die damalige Fraktionsvorsitzende Angela Merkel (CDU) den Antrag auf Ausschluss des Fuldaer Abgeordneten Martin Hohmann. Er hatte am 3. Oktober 2003 eine Rede mit dem Titel "Gerechtigkeit für Deutschland" gehalten und dabei die Juden mit dem Begriff "Tätervolk" in Verbindung gebracht.