Debatte nimmt Fahrt auf Top-Ökonom fordert Integrationsministerium

Berlin (RPO). Eines Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin (SPD) mit seinen umstrittenen Äußerungen über Migranten gelungen: Über die Integration wird wieder heftig diskutiert. Nun fordert DIW-Chef Zimmermann ein Integrationsministerium auf Bundesebene. Experten und Migrantenorganisationen würden einen solchen Schritt befürworten.

Ergebnisse der Integrationsstudie 2009
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Foto: AP

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Klaus Zimmermann hat die Einrichtung eines Bundesministeriums für Zuwanderung und Integration gefordert. "Eine wachsende Facharbeiterlücke bedroht Wohlstand und Wachstum. Die Wende schaffen wir nur, wenn wir unseren Arbeitsmarkt weit öffnen", schreibt Zimmermann in "Bild am Sonntag".

Deshalb seien "gesteuerte Zuwanderung und Integration zentrale Zukunftsfragen" und Aufgaben, die wie in anderen Staaten oder etwa in Nordrhein-Westfalen in einem Ministerium gebündelt werden müssten. Ein solches Ministerium wäre ein "kräftiges Signal für eine neue Politik".

Zimmermann kritisierte, dass "viel zu lange" verdrängt worden sei, "dass wir längst ein Einwanderungsland sind". Viele der in Deutschland lebenden Migranten seien, "obwohl lange im Land, weder gesellschaftlich noch wirtschaftlich hinreichend integriert". Rund zehn Prozent der Bevölkerung sind Ausländer. Deutschland brauche "in Zukunft mehr denn je die besten Köpfe aus aller Welt, um im globalen Wettbewerb mithalten zu können".

Die Äußerungen des Bundesbankvorstands Thilo Sarrazin zur Ausländerfrage versteht Zimmermann "als ernsten Weckruf": Dass wir nämlich unsere Hausaufgaben nicht erledigt und eine verfehlte Zuwanderungs- und Integrationspolitik betrieben haben." So dürften Kinder nicht schon in eine Spirale des sozialen Abstiegs geraten, nur weil sich ihre Eltern für Deutschland entschieden hätten.

Zustimmung von Türkischer Gemeinde

Auch von Migrantenorganisationen kommt Zustimmung für ein eigenes Ministerium. "Wir sagen schon lange, dass wir ein eigenständiges Ministerium für Integration und Migration brauchen", sagt Kenan Kolat, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland, bereits am Donnerstag. Eine Verankerung im Familienministerium wäre aus seiner Sicht aber auch eine Lösung. "Ich sage dazu immer 'Konsonantenministerium' - also etwa ein Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Migranten."

Voraussetzung sei aber, dass es sich nicht um eine "reine Erweiterung des Namens" handele, fordert Kolat. Das Ressort müsse über "die entsprechenden Werkzeuge" verfügen. So müsse ein so zugeschnittenes Familienministerium vom Innenministerium die Zuständigkeit für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Nürnberg übernehmen, erläutert Kolat.

Experte warnt vor "Verlegenheitslösung"

Auch der Migrationsforscher Klaus Bade hält ein solches Ministerium unter bestimmten Voraussetzungen für sinnvoll - nämlich dann, "wenn es kraftvoll ausgestattet und nicht eine Verlegenheitslösung ist", sagt der Vorsitzende des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR). Es müsste ein "wirkliches Querschnittsministerium" für Integration und Migration sein, das "entsprechend ausgestattet" und mit den für die Integration wichtigen Bereichen verbunden wäre. Denkbar seien ein Staatssekretärsausschuss oder sogar eigene Zuständigkeiten.

Unsinnig wäre dagegen ein Zuschnitt, der die Zuständigkeiten trenne, sagt Bade. "Wenn man die Integration aus dem Bundesministerium des Innern herausnehmen würde und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit der institutionellen Zuständigkeit für Integration beim Innenministerium ließe, dann hätte man den Integrationsbereich praktisch komplett gespalten." Auch der Vorsitzende der Integrationsministerkonferenz der Länder, der nordrhein-westfälische Ressortchef Armin Laschet (CDU), befürwortet die Einrichtung eines entsprechenden Bundesressorts.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte die Integration jüngst als "wirkliches Schlüsselthema der Zukunftsfähigkeit Deutschlands" identifiziert. Zwar kümmert sich in den Koalitionsverhandlungen eine Arbeitsgruppe auch um dieses Thema - insgesamt dürfte es aber ein Randaspekt bleiben.

(AFP/ndi)
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