Interview mit Berlins Justizsenator Heilmann "Debatte über Homo-Ehe tut der Union gut"

Berlin · In Berlin will die CDU durch eine Mitgliederentscheidung ihre Position zur "Ehe für alle" bestimmen. Einer der Befürworter ist Justizsenator Thomas Heilmann. Er sieht durch eine Öffnung keine Gefahr für die traditionelle Ehe.

 Thomas Heilmann sprach mit unserer Redaktion.

Thomas Heilmann sprach mit unserer Redaktion.

Foto: dpa, fpt

Die Berliner CDU-Mitglieder stimmen gerade über die "Ehe für alle" ab — ist es Zeit für einen Positionswechsel Ihrer Partei?

Heilmann Der Positionswechsel findet gerade statt. Vor 14 Jahren hat es mit der Lebenspartnerschaft begonnen, die wir inzwischen zu 99 Prozent gut finden, auch die rechtliche Gleichstellung finden wir gut. Die Frage, ob wir nun die Bezeichnung "Ehe" für Lebenspartnerschaften öffnen, ist vollständig umstritten, und zwar nicht nur in der Union, sondern auch in der Bevölkerung. Selbst unter Anhängern der Linken ist in Berlin ein knappes Viertel dagegen. Ich selber bin dafür.

Sollte der CDU-Bundesparteitag im Dezember auch darüber beraten?

Heilmann Ich habe meine Zweifel, ob das der richtige Zeitpunkt ist. Dass wir derzeit in Berlin sehr intensiv darüber diskutieren, ist richtig und wichtig. Aber Wertediskussionen brauchen ihre Zeit. Drängeln hilft keinem.

Nimmt die Berliner CDU vorweg, was die CDU insgesamt beschäftigen sollte?

Heilmann Wir haben zu Recht sehr selbstbewusste Landesverbände, die werden sich von der Berliner CDU nichts vorweg nehmen lassen.

Der SPD-Chef will mit der CDU-Vorsitzenden noch einmal ernsthaft reden, ob die große Koalition nicht doch noch den Schritt Richtung Homo-Ehe gehen sollte.

Heilmann Reden ist ja immer gut. Wenn er nun ein persönliches Gespräch vorher öffentlich ankündigt, klingt mir das mehr nach Öffentlichkeitsarbeit als nach dem Versuch zu überzeugen.

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Wie versuchen Sie, Ihre Parteifreunde zu überzeugen?

Heilmann Wenn wir den konservativen Homosexuellen erlauben, ihre Lebenspartnerschaft auch Ehe zu nennen, stärken wir das Prinzip, hinter dem wir alle stehen. Die Ehe wird damit gerade nicht ausgehöhlt. Vielmehr stärken wir das füreinander Einstehen und das Schaffen eines Freiheitsraumes gegenüber dem Staat. Das sind zwei der drei Kernelemente einer Ehe. Das dritte Kernelement ist die Ausrichtung auf Kinder. Das ist in der gleichgeschlechtlichen Ehe sicher anders, bei lesbischen Paaren übrigens schon weniger. Aber es werden ja nicht weniger Kinder geboren, weil gleichgeschlechtliche Paare heiraten dürfen. Kurz: Die traditionelle Ehe nimmt dadurch keinen Schaden.

Kann der Streit die Partei zerreißen?

Heilmann Nein, sicher nicht. Es gibt großen Respekt für den jeweils anderen Standpunkt.

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Braucht die Großstadt-CDU mehr Auseinandersetzungen wie diese?

Heilmann Ja! Diese Debatte tut der Union eindeutig gut.

Welche Themen sehen Sie noch?

Heilmann Typischerweise wertegebundene Debatten wie etwa die Frage nach unserem Familienbild. Und wir sollten dringend über die Rolle von Bildung und Schule reden in einer Zeit, in der sich jedes Jahr das Wissen im Internet verdoppelt. Und zwar nicht kleinteilig-technisch, sondern grundsätzlich für die Zukunft der Wissensgesellschaft.

Mit Thomas Heilmann sprach Gregor Mayntz.

(may-)
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