Vorstoß von Thomas de Maizière Koalition streitet über Geld für Flüchtlinge

Berlin · Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat eine neue Debatte über die Sozialleistungen für Flüchtlinge angestoßen. Im ZDF hatte de Maizière gesagt, man könne sich das sogenannte Taschengeld, das Flüchtlinge zusätzlich zu Sachleistungen wie Unterkunft und Ernährung erhalten, "genauer angucken". Zudem sagte gestern ein Ministeriumssprecher, die Frage, ob Flüchtlingen eher Sach- als Geldleistungen gewährt werden, müsse diskutiert werden.

Dabei ist es noch nicht lange her, dass die Flüchtlingshilfe umgebaut wurde. Erst seit März gilt das neue Asylbewerberleistungsgesetz. Danach steht alleinstehenden Asylbewerbern in Erstaufnahmeeinrichtungen monatlich 143 Euro zu. Ist ein Flüchtling länger als 15 Monate im Land und bedürftig, stehen ihm als Alleinstehenden rund 359 Euro zu. Bei der Reform wurde auch ein Vorrang für Geld- statt Sachleistungen eingeführt, den de Maizière nun offenbar wieder einschränken will.

Heftige Kritik kam dafür vom Koalitionspartner SPD. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, sagte, sie finde es "ärgerlich", wenn der Bundesinnenminister gegenüber der Öffentlichkeit den Eindruck vermittele, Asylsuchende hätten beträchtliche Geldsummen zu ihrer freien Verfügung. Richtig sei vielmehr, dass ein alleinstehender Flüchtling pro Tag rund 4,65 Euro zur Verfügung habe, "um U-Bahn zu fahren, zu telefonieren oder sich eine Zeitung zu kaufen", so Özoguz.

Kosten für Flüchtlinge: Die wichtigsten Antworten
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Foto: dpa, rwe lof

Auch Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt griff de Maizière an: "Es ist eine Lebenslüge, dass sich die Zahl der Flüchtlinge über die Höhe der Leistungen regulieren ließe", sagte sie. "Menschen fliehen nicht, weil die Situation in Deutschland so attraktiv ist, sondern weil die Lage in den Heimatländern katastrophal ist", so die Grünen-Politikerin. De Maizière müsse nach "echten Lösungen" für die weiterhin hohe Zahl von Flüchtlingen suchen. "Flüchtlinge müssen einen kontrollierten Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt bekommen, die Situation in den Westbalkan-Staaten muss verbessert werden, und der Bund muss sich stärker an den Kosten für die Flüchtlingshilfe beteiligen", sagte Göring-Eckardt.

De Maizière begründete seinen Vorstoß damit, Anreize für eine Flucht nach Deutschland senken zu wollen. Zugleich forderte er eine Debatte über europäische Standards der Asylleistungen. Unterschiede in den EU-Staaten führten dazu, dass viele Menschen den Weg nach Deutschland suchten. Der Minister räumte jedoch ein, dass die Leistungen nicht beliebig reduziert werden könnten. Rückendeckung erhielt er von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD). Eine Sprecherin ihres Ressorts sagte, es werde derzeit geprüft, ob künftig wieder verstärkt Sachleistungen anstelle von Geld ausgegeben werden sollten. Sie verwies dabei auf aktuelle Gespräche zwischen Bund und Ländern.

(jd / qua)
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