Interview mit Thomas De Maizière "Jeder Staat hat die Pflicht, eigene Bürger zurückzunehmen"

Berlin · Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) will nordafrikanische Flüchtlinge schneller abschieben und fordert im Interview mehr Kooperation von den Maghreb-Staaten.

Düsseldorf: Großrazzia im "Maghreb-Viertel"
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2016: Großrazzia im Düsseldorfer "Maghreb-Viertel"

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Foto: Gerhard Berger

Müssen Länder wie Algerien und Marokko möglichst rasch zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden?

De Maizière Ich bin entschieden dafür, Algerien, Marokko und Tunesien zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären. Auch auf europäischer Ebene werden wir das in unseren Kräften Stehende tun, um einen Konsens der Partner dazu zu erreichen. Wir sollten außerdem alles tun, um mehr Rückführungen in diese Länder zu ermöglichen. In einem ersten Schritt habe ich das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angewiesen, Anträge von Menschen aus diesen Ländern prioritär zu prüfen, um hier noch schneller zu Ergebnissen zu kommen. Für die Einstufung als sichere Herkunftsstaaten brauchen wir in Deutschland jedenfalls die Zustimmung des Bundesrates und damit die Zustimmung der Grünen. Sie sollten sich jetzt erklären. Auf jeden Fall sind unsere Vorschläge zu einem schärferen Ausweisungsrecht richtig und wichtig.

Helfen Rücknahmeabkommen mit den Maghreb-Staaten?

De Maizière Wir haben bereits entsprechende Abkommen mit Algerien und Marokko. Völlig unabhängig davon hat aber jeder Staat ohnehin die Pflicht, eigene Staatsbürger zurückzunehmen. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, die Länder dazu zu bewegen, dieser Verpflichtung auch nachzukommen. Die Länder müssen verstehen: Die Zusammenarbeit in Migrations- und Rückführungsfragen ist aus unserer Sicht ein zentraler Faktor des bilateralen Verhältnisses. Unsere Bereitschaft zur Zusammenarbeit in anderen Feldern hängt davon ab.

An der Grenze wird Flüchtlingen die Einreise verweigert, die nicht in Deutschland bleiben wollen. Sollte es noch mehr Kriterien dafür geben?

De Maizière Die Zahl der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, ist im Moment zwar deutlich geringer als noch im Herbst 2015, sie ist aber immer noch zu hoch. Wir arbeiten daran, die Zahlen deutlich und vor allem auch nachhaltig zu verringern. Wenn europäische Solidarität hier dauerhaft ausbleibt, ist aber auch klar, dass andere Maßnahmen in den Blickpunkt rücken.

Sollten in Deutschland die hohen Standards für Asylbewerber abgesenkt werden?

De Maizière Wir haben national schon einiges getan, um Fehlanreize zu verringern. Das ist bei den Westbalkanstaaten gelungen. Das Flüchtlingsthema insgesamt ist aber nur gemeinsam in Europa zu lösen. Wir brauchen daher hier insgesamt mehr statt weniger Europa, und dazu gehört auch eine möglichst weitgehende Angleichung der Standards.

Warum ist das Asylpaket II noch nicht beschlossen?

De Maizière Es gibt einen klaren Beschluss der Parteivorsitzenden. Der gilt. Ich arbeite daran, dass es zeitnah zu einer Einigung kommt, und warne vor Schwarzer-Peter-Spielchen. Wir haben gemeinsam eine große Verantwortung. Daran sollten sich alle erinnern — auch die, die gelegentlich öffentlich Vorwürfe hin- und herschieben.

Eva Quadbeck führte das Interview.

(qua)
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