Debatte um Leistungen für Flüchtlinge Empörung über de Maizière

Berlin · Weniger Bargeld, mehr Sachleistungen, keine Vorauszahlungen mehr: Der Innenminister stellt die Leistungen für Flüchtlinge aus den Balkanländern infrage. Opposition und Sozialverbände reagieren empört. Auch die SPD ist nicht begeistert.

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) will angesichts des starken Flüchtlingszuzugs nach Deutschland die Leistungen für Asylbewerber auf den Prüfstand stellen. Damit reagiert er vor allem auf die hohe Zahl von Flüchtlingen aus Balkanstaaten. De Maizière verwies darauf, dass Zahlungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz genauso hoch seien wie das Einkommen eines Polizisten im Kosovo oder in Albanien. Deutschland könne diese Leistungen nicht beliebig reduzieren. "Aber wir können mehr Sachleistungen machen, wir können uns das Taschengeld genauer anschauen."

Oppositionspolitiker und Sozialverbände reagierten empört. Die Linke hielt dem Ressortchef am Freitag vor, er bewege sich mit der Forderung hart am Rande der Verfassung. Von den Grünen kam der Vorwurf, de Maizière schüre so rechtsradikale Vorurteile. Der Deutsche Gewerkschaftsbund und der Paritätische Wohlfahrtsverband sprachen von Stimmungsmache. Auch SPD-Leute halten nicht viel davon.

De Maizière sagte am Donnerstagabend im ZDF, viele seiner europäischen Kollegen seien der Ansicht, dass die Standards für Asylbewerber in Deutschland sehr hoch seien. Er wies darauf hin, dass mehr als 40 Prozent der Asylbewerber in der ersten Jahreshälfte aus den Westbalkanländern gekommen seien. Ihre Anträge hätten bis auf wenige Ausnahmen keinen Erfolg. De Maizières Sprecher betonte am Freitag, es gebe noch keine festgelegte Position, sondern nur eine Diskussion zu dem Thema.

Die Linke-Innenpolitikerin Ulla Jelpke mahnte: "Am Taschengeld zu sparen, heißt, an der Menschenwürde zu sparen." Der Grünen-Politiker Wolfgang Strengmann-Kuhn sagte der dpa, de Maizière schüre "mit seinen Vorschlägen rechtsradikale Vorurteile gegen Asylbewerber".

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach klagte, de Maizières Worte seien Wasser auf die Mühlen von Rechtspopulisten. Auch der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, rügte die Aussagen im ZDF als gefährliche Stimmungsmache.

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Burkhard Lischka, wies den Vorstoß ebenfalls zurück. "Ich halte es nicht für richtig, Menschen in einer Art und Weise zu drangsalieren, in der Hoffnung, dass sie dann erst gar nicht mehr den Weg nach Deutschland suchen."

Wer in Deutschland um Asyl bittet, muss in den ersten Wochen - bis maximal drei Monate - in einer Erstaufnahmeeinrichtung eines Bundeslandes wohnen. Dort bekommen Flüchtlinge vorrangig Sachleistungen. Außerdem gibt es eine Art "Taschengeld". Wenn Asylbewerber nicht mehr in diesen Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind und damit in der Regel Essen und andere Sachleistungen wegfallen, gibt es mehr Bargeld.

Im Innenministerium gibt es nun Überlegungen, die gesetzlich vorgeschriebene Höchstdauer für den Aufenthalt in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu verlängern - und damit auch den Zeitraum, in dem Asylbewerber vorrangig Sachleistungen bekommen. Nach dem Willen des Innenressorts sollen Menschen, etwa vom Balkan, deren Asylanträge keinen Erfolg haben, künftig direkt aus diesen Erstaufnahmestellen in die Heimat zurückgeschickt werden.

Bayern will die zweite Einrichtung dieser Art - speziell für Asylbewerber vom Balkan - am 15. September in Bamberg eröffnen. Nach Angaben der Landesregierung sollen die Asylverfahren in dem neuen Zentrum innerhalb von maximal sechs Wochen abgewickelt werden. Das erste dieser Zentren nur für Balkanflüchtlinge soll am 1. September im oberbayerischen Manching in Betrieb gehen.

(dpa)
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