Terrorverdächtiger begeht Suizid in U-Haft Anwalt von al Bakr erhebt schwere Vorwürfe

Leipzig · Der unter Terrorverdacht festgenommene Syrer Dschaber al Bakr hat sich in seiner Gefängniszelle das Leben genommen. Der Anwalt des 22-Jährigen erhebt schwere Vorwürfe gegen die Behörden.

 Mit diesen Fotos fahndete die Polizei nach Dschaber al Bakr.

Mit diesen Fotos fahndete die Polizei nach Dschaber al Bakr.

Foto: AFP/ LKA Sachsen

Laut den Berichten hat al Bakr in der Justizvollzugsanstalt in Leipzig Suizid begangen. Das hat nun auch das Justizministerium Sachsen bestätigt: "Am Abend des 12. Oktober 2016 hat sich der der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat hauptverdächtige Dschaber al Bakr in der Justizvollzugsanstalt Leipzig mit Haftkrankenhaus das Leben genommen", heißt es auf der Homepage der sächsischen Staatskanzlei.

Zuvor hatten bereits "Spiegel Online", "Bild.de" und die Nachrichtenagentur dpa übereinstimmend über den Selbstmord des Terrorverdächtigen berichtet.

Al Bakr war am Montag in Leipzig festgenommen worden. Nach Angaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz hatte er einen Sprengstoffanschlag auf einen Berliner Flughafen geplant und bereits weitestgehend vorbereitet. Laut dem Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen hätte dieses Attentat "schon diese Woche" passieren können. Das sagte Maaßen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

Polizeigewerkschaft fordert dringend Aufklärung

Nach dem Tod des Terrorverdächtigen hat der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, rasch Aufklärung verlangt. "Man muss sich zwar die Zeit nehmen, um das alles sorgfältig aufzuarbeiten, aber mit der Information der Bevölkerung darf man sich in der Tat nicht viel Zeit lassen", sagte Wendt am Donnerstag dem Rundfunksender SWR Info.

Jetzt gebe es viele Fragen. "Es ist ja gar nicht einfach, sich das Leben zu nehmen, wenn man zum Beispiel aller Gegenstände beraubt wird, die man dazu nutzen muss." Zu klären sei, mit welchen Gegenständen Al-Bakr den Suizid vollzogen hat und ob es nicht möglich gewesen sei, diese aus der Zelle zu entfernen.

Pflichtverteidiger soll von "Justizskandal" gesprochen haben

Al Bakrs Pflichtverteidiger, der Rechtsanwalt Alexander Hübner aus Dresden, äußerte sich gegenüber "Focus Online" bestürzt über den Tod seines Mandanten. "Ich bin wahnsinnig schockiert und absolut fassungslos, dass so etwas passieren kann", sagte er und nannte die Geschehnisse einen "Justizskandal". Später dementierte er diese Aussage wieder.

Der Anwalt sagte, den Verantwortlichen der Justizvollzugsanstalt (JVA) Leipzig sei das Suizid-Risiko des Beschuldigten bekannt gewesen und auch im Protokoll vermerkt worden. "Er hatte bereits Lampen zerschlagen und an Steckdosen manipuliert." Noch am Nachmittag habe ihm der stellvertretende JVA-Leiter telefonisch versichert, dass der in Einzelhaft sitzende al Bakr "ständig beobachtet" werde.

Hübner und "Spiegel Online" berichten übereinstimmend, dass sich der Verdächtige im Hungerstreik befunden habe. Er habe wegen akuter Suizidgefahr unter ständiger Beobachtung gestanden. Wie sich al Bakr unter diesen Umständen das Leben nehmen konnte, ist bislang nicht bekannt. Augenzeugen berichteten dem MDR, dass sich der Terrorverdächtige mit seinem T-Shirt stranguliert habe. Von offizieller Seite bestätigt ist diese Information allerdings nicht.

Mehrere Bundes- und Landespolitiker äußerten sich auf Twitter schockiert über die Geschehnisse.

Das Justizministerium Sachsens hat für den Morgen eine Pressekonferenz angekündigt.

Al Bakr beschuldigte nach Berichten syrische Polizeihelfer

Bundesinnenminister Thomas de Maizière sagte am Mittwoch, al Bakr sei bereits im vergangenen Jahr von den deutschen Sicherheitsbehörden überprüft worden.

Seine Festnahme hatten Syrer ermöglicht, die ihn erkannt, überwältigt und der Polizei übergeben hatten. Für dieses entschlossene Handeln wurden sie anschließend in Deutschland gefeiert, nach etwas Zögern zollte auch de Maizière den Helfern der Polizei "Lob und Anerkennung".

In seinen Vernehmungen hatte al Bakr die drei Syrer nach dpa-Informationen der Mitwisserschaft bezichtigt. Inwieweit diese Aussage als glaubhaft eingestuft wurde, blieb zunächst unklar.

(vek)
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