Der neue "Super-Leopard“ Dieser Hightech-Panzer sieht nachts sogar Fledermäuse

Unterlüß · Die Panzertruppe der Bundeswehr soll wieder verstärkt werden. Rheinmetall bietet dazu einen neuen, voll digitalisierten "Leopard" an. Er wurde unserer Redaktion exklusiv vorgestellt.

"Super-Leopard"-Panzer sieht sogar nachts Fledermäuse
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"Super-Leopard"-Panzer sieht sogar nachts Fledermäuse

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Foto: Helmut Michelis

Russlands Aufrüstung hat einen angeblichen Militär-Dinosaurier wieder zum Leben erweckt: den Kampfpanzer. Die Panzertruppe der Bundeswehr muss angesichts von geschätzt rund 10.000 einsatzfähigen russischen Kampfpanzern und der mit viel Pomp in Moskau präsentierten Neuentwicklung des T-14 "Armata" zur glaubwürdigen Abschreckung dringend modernisiert und aufgestockt werden — eine schnelle Möglichkeit ist der "Leopard MBT Technologieträger", den der Düsseldorfer Technologie-Konzern Rheinmetall entwickelt hat. Von diesem modernsten Kampfpanzer der Welt gibt es bereits ein Demonstrationsmodell. Es wurde auf dem Werksgelände in Unterlüß in der Lüneburger Heide exklusiv unserer Redaktion vorgestellt.

Von außen ist, abgesehen von zahlreichen Kameralinsen und der verstärkten Panzerung, für den Laien auf den ersten Blick nichts Außergewöhnliches zu entdecken an dem sandbeige gespritzten Stahlriesen, der 63,5 Tonnen auf die Waage bringt. Erst innen, auf dem Sitzplatz des Kommandanten, erschließt sich der enorme technologische Sprung: Er beobachtet nicht mehr wie einst primär durch Winkelspiegel oder gar deckungslos aus der offenen Luke heraus, sondern sieht vor sich auf einem großen Bildschirm deutlich mehr als das menschliche Auge. Denn zum einen wird die 360-Grad-Rundumsicht jetzt auch für den Kommandanten durch ein Wärmebildgerät ergänzt. Dieser kann nun auch nachts unabhängig vom Richtschützen beobachten. Zum anderen scannt ein Kamerasystem automatisch ständig die Umgebung ab, erkennt Strukturen wie Körper oder Fahrzeuge und meldet Veränderungen in Sekundenbruchteilen.

Kameras liefern 360-Grad-Rundumsicht

So bleibt ein hinter Büschen versteckter potenzieller Angreifer durch seine Körpertemperatur nicht mehr unsichtbar, sondern wird von dem System erkannt und auf dem Bildschirm durch ein Symbol deutlich markiert. Damit hat die Besatzung jederzeit ein allumfassendes Lagebild.

Unbemerkt nähern kann sich dem Panzer deshalb niemand, auch tote Winkel gibt es nicht mehr. Durch einen bloßen Fingertipp auf den Touchscreen, der auch bei nassen Handschuhen noch reagiert, kann der Kommandant dem Richtschützen ein erkanntes Ziel zuweisen oder ein verdächtiges Objekt durch Heranzoomen vergrößern. Präzise Zieldarstellung und intuitive Bedienung beschleunigen den Waffeneinsatz und steigern die Wahrscheinlichkeit, mit dem ersten Schuss zu treffen. Diese neue Softwarearchitektur hebt den Kampfpanzer technisch auf den aktuellen Stand der Technik, so dass auch zukünftige neue Systementwicklungen mühelos integriert werden können.

"Bei der Erprobung in der Lüneburger Heide haben wir nachts auch Kaninchen gesehen und uns über merkwürdige flirrende Punkte in der Luft gewundert", berichtet Matthias Fink, der Produktmanager des Panzers. "Es war aber nicht wie vermutet ein Systemfehler. Die Kameras hatten sogar Fledermäuse erfasst." Mit den Sensoren nutzt Rheinmetall seine breite Erfahrung im Automotive-Bereich. Auch ein selbstfahrender "Leopard" ist deshalb bereits technisch möglich, aber — wie grundsätzlich Internet-Verbindungen nach außen — nicht gewünscht: Hacker sollen keine Chance bekommen, die Fernsteuerung zu übernehmen.

Auf die "Generation i-Phone" sind auch die Bedienungselemente zugeschnitten: Da gibt es keine Kurbeln mehr oder Revolvergriffe, sondern einen Joystick wie im Airbus. "Bloß keinen Fotoapparat mit Blitzlicht im Innern verwenden", wird der Reporter gewarnt: Die Feuerlöschanlage, die in Millisekunden reagiert, würde sofort auslösen. Der Panzer setzt Maßstäbe im Schutz der Besatzung: Neben den sehr leichten und verbesserten passiven Schutzsystemen arbeitet im neuen Rheinmetall-Fahrzeug ein aktives Schutzsystem namens ADS. Das automatisch arbeitende System — ein Mensch wäre nicht reaktionsschnell genug — erkennt anfliegende Panzerfaustgeschosse und Lenkflugkörper automatisch und zerstört sie ebenfalls in Sekundenbruchteilen durch eine pyrotechnische Gegenmaßnahme.

Bei den Leistungen der 120-mm-Kanone werden die Rheinmetall-Mitarbeiter in Unterlüß mit Angaben zurückhaltender, berichten aber, dass sie auch im Fahren schon beim ersten Schuss trifft und in der Reichweite gesteigert ist. Die intelligente programmierbare Munition DM 11 explodiert je nach Einstellung auch über oder hinter dem Ziel, so dass eine Deckung wirkungslos wird. Eine neue digitale Feuerleitanlage macht den Kampfpanzer noch für Jahrzehnte zukunftsfähig.

Ein raffiniertes Recycling-Produkt

Der "Super-Leopard", der noch keine genaue offizielle Bezeichnung hat, ist in Teilen ein raffiniertes Recycling-Produkt, denn neue Kampfpanzer werden im Westen seit mittlerweile Jahrzehnten nicht mehr gebaut. So verwendet Rheinmetall die Wanne (Motor und Fahrgestell) und den Turm der älteren Leopard-Modelle 2 A 4, die in der Abrüstungsphase vor dem Ukraine-Konflikt den niederländischen und schweizerischen Streitkräften abgekauft worden sind. Durch eine zum Transport einfach abschraubbare massive Zusatzpanzerung ist der "Super-Leo" deutlich in die Breite gegangen; im Innern wurde die alte Technik komplett ausgetauscht und kann im Bausatz-System je nach Anforderung des Benutzers relativ einfach verändert werden.

Durch dieses Konzept ist es möglich, die Vorgabe zu erfüllen, die Bundeswehr ab 2018 zügig um 103 Kampfpanzer zu verstärken. Dafür im Verteidigungsetat eingestellt sind 669 Millionen Euro, demnach also rund 6,5 Millionen pro Fahrzeug. Die Bundeswehr hatte seit 1979 genau 2125 "Leopard 2" beschafft, von denen lediglich 225 übrig bleiben sollten. Die nur noch sechs Panzerbataillone (von mehr als 50) wären damit teilweise echte "Papiertiger" gewesen. Jetzt wird wieder die Vollausstattung angestrebt; in Bergen-Hohne ist soeben das fünfte Panzerbataillon aufgestellt worden, das bi-national auch niederländische "Leos" eingliedern soll.

Das Ministerium hält sich noch zurück mit einer konkreten Entscheidung für die künftige Konfiguration dieser 103 zusätzlichen Kampffahrzeuge. Der bayerische Panzerbauer Krauss Maffei-Wegmann ist der Generalunternehmer des Leopard 2, Rheinmetall aber maßgeblich beteiligt: Waffen und Feuerleitanlage beispielsweise steuert das Düsseldorfer Traditionsunternehmen bei.

Das Basismodell Leopard 2 ist mittlerweile 36 Jahre alt, spätestens 2030 müsste endgültig ein ganz neuer Nachfolger gefunden sein. Dieses Projekt befindet sich allerdings noch in der Konzeptphase - die Ideen reichen bis hin zum lautlos schwebenden, ferngesteuerten Luftkissenfahrzeug, das wie bei "Star Wars" mit einem Laserstrahl-Geschütz bewaffnet ist.

(mic)
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