Schäuble verteidigt Körpergeruchsproben Ströbele: "Schnüffelstaat in Perfektion"

Hamburg (RPO). Die Abnahme von Körpergeruchsproben zur Identifizierung von gewalttätigen Globalisierungsgegnern ist in allen Parteien auf Kritik gestoßen. "Eine solche Praxis erinnert mich an Stasi-Methoden", sagte Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD). Der Grünen-Politiker Hans Christian Ströbele sprach von einem "Schnüffelstaat in Perfektion". Politiker von Union und FDP bezweifelten die praktische Durchführbarkeit.

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Foto: AP

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) sagte am Mittwoch, die Methode hinterlasse "ein sehr ungutes Gefühl". Zypries verwies im Hessischen Rundfunk darauf, dass sich die Bundesanwaltschaft mit der Entnahme der Geruchsproben im Rahmen der geltenden Gesetze bewege.

Dagegen verteidigten Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) die Maßnahmen. "In bestimmten Fällen ist das ein Mittel,... um mögliche Tatverdächtige zu identifizieren", sagte der CDU-Politiker. Die Abnahme von Geruchsproben sei durch die Strafprozessordnung gedeckt und daher nicht als Stasi-Methode zu bezeichnen, erklärte der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg. "Wer hier von einem 'Schnüffelstaat' spricht, macht sich einer unverantwortlichen Polemik schuldig und legt keinesfalls ein solides Zeugnis über umfassende Rechtskenntnis und Rechtsgeschichte ab", sagte er.

Schäubles Parteifreund Bosbach findet dagegen wenig Verständnis für die Geruchs-Fahndung: Das Ganze sei "eine etwa kuriose Veranstaltung, das gebe ich gern zu". Er könne sich auch nicht vorstellen, wie das funktionieren solle: "Man hat einen Demonstranten, der Hund nimmt eine Geruchsprobe und er wedelt dann drei Mal mit dem Schwanz oder er bellt ein paar Mal - was soll denn dann passieren?"

"Metallzaun bringt Mauer ins Gedächtnis"

Thierse warnte im Zusammenhang mit dem Vorgehen gegen die G-8-Gegner vor Hysterie, "die zu Polizeistaatsmethoden à la DDR führen". Es sei "schon schlimm genug, dass ich rund um das Tagungsgelände einen kilometerlangen Metallzaun ertragen muss, der mir die Mauer aus DDR-Zeiten zurück ins Gedächtnis bringt". Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz sprach von einer "bizarren Ermittlungsmethode". Die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, erklärte, es sei eines Rechtsstaates unwürdig, "heimlich intimste Daten über seine Bürgerinnen und Bürger zu sammeln und zu speichern."

Der stellvertretende Grünen-Fraktionschef Ströbele erinnerte daran, dass bereits in den 80er Jahren das Bundesamt für Verfassungsschutz Geruchsproben von vermeintlichen Systemgefährdern gesammelt habe. Nach öffentlichem Protest sei diese Praxis aber dann beendet worden. Es sei "unappetitlich, dass unsere Sicherheitsbehörden jetzt Methoden anwenden, die schon die Stasi praktiziert" habe.

Der FDP-Politiker Max Stadler sprach von unverständlichen Methoden, die vermutlich "ins Blaue hinein" gesammelt würden, da unklar sei, woher man heute schon wisse, wer Anfang Juni gewalttätig demonstrieren wolle. Die Linkspartei.PDS sprach von "Methoden eines Polizeistaats". Die stellvertretende Parteivorsitzende Katina Schubert forderte die Vernichtung der Proben.

Am Dienstag war bekannt geworden, dass die Polizei bei G-8-Gegnern Körpergeruchs-Proben genommen hatte. Mit Hilfe der Geruchsproben sollen abgerichtete Hunde Tatverdächtige wiedererkennen. Die Abnahme von Geruchsproben war bisher als Überwachungsmethode der ehemaligen DDR-Staatssicherheitsbehörde (Stasi) im Fall von Dissidenten bekannt.

(ap)
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