Streitpunkt Kohle Fragen und Antworten rund um den Kohleausstieg

Bonn · Tausende Menschen demonstrieren vor der Weltklimakonferenz in Bonn und in Berlin stellen sich die Grünen bei den Sondierungsgesprächen quer. Der Grund der Aufregung: Kohlestrom.

 Das Kohlekraftwerk in Datteln (Archivbild).

Das Kohlekraftwerk in Datteln (Archivbild).

Foto: dpa

Er sei das größte Hindernis auf dem Weg zu einer klimafreundlichen Gesellschaft, sind sich die Klimaschützer einig. In der Wirtschaft sind die Meinungen geteilt. Wir haben Fragen und ANtworten zum themenkomplex zusammengestellt:

WER SIND BEFÜRWORTER UND GEGNER DES KOHLEAUSSTIEGS?

Die Grünen folgen den Rufen der Umweltschützer und schlagen einen Ausstieg bis 2030 vor. Unterstützung bekommen die Befürworter von ungewöhnlicher Seite: Der Dax-Konzern Siemens forderte laut "Spiegel Online" in einem Arbeitspapier an die Jamaika-Parteien den beschleunigten Ausstieg aus der Kohleverstromung. Der Hintergrund ist, dass Siemens immer mehr Geld mit dem Bau von Gaskraftwerken und Anlagen für Erneuerbare Energie verdient und deshalb von einem Kohleausstieg direkt profitieren würde.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag fürchtet hingegen, dass ein Kohleausstieg die Stromkosten weiter antreiben könnte. Vertreter von CDU und FDP sprechen sich deshalb bislang gegen ein schnelles Ende des Kohlestroms in Deutschland aus.

WIE KLIMASCHÄDLICH IST KOHLESTROM?

Die Stromerzeugung aus Kohle stößt mit Abstand die meisten Klimagase unter allen Energieträgern aus. Laut Umweltbundesamt stießen die Kraftwerke 2014 für eine verbrauchte Kilowattstunde Strom aus Braunkohle etwa 1150 Gramm CO2 aus. Bei Steinkohle waren es knapp 900 Gramm. Zum Vergleich: Für eine Kilowattstunde Strom aus Erdgas wurden etwa 370 Gramm CO2 freigesetzt. Insgesamt wird etwa die Hälfte aller CO2-Emissionen in Deutschland von der Energiewirtschaft verursacht - der größte Teil durch Kohle.

WO KOMMT DIE KOHLE HER UND WIE ABHÄNGIG SIND WIR DAVON?

Dem Umweltbundesamt zufolge ist die Braunkohle der bedeutendste Energieträger, der in Deutschland vorkommt. Die größten Vorkommen liegen im Rheinland sowie im Gebiet der neuen Bundesländer im Mitteldeutschen und im Lausitzer Revier. Dort stehen auch die deutschen Braunkohlekraftwerke. Steinkohle wird mittlerweile hingegen fast nur noch aus dem Ausland importiert.

Produzierte Deutschland 1990 noch gut 31 Prozent seines Stroms aus Braunkohle, waren es 2016 noch 23 Prozent. Bei Steinkohle waren es 1990 noch fast 26 Prozent, vergangenes Jahr waren es nur noch 17 Prozent. Ersetzt wurde Kohle hauptsächlich durch Erdgas und Erneuerbare Energien. Da Deutschland derzeit fast zehn Prozent mehr Strom produziert als es verbraucht, würde das sofortige Abschalten der 20 schmutzigsten Braunkohlekraftwerke die Versorgung Umweltschützern zufolge nicht gefährden.

WIE VIELE ARBEITSPLÄTZE HÄNGEN AN DER KOHLE?

Eine Studie im Auftrag der Grünen kam zu dem Ergebnis, dass in Deutschland noch zwischen 42.000 und 74.000 Arbeitsplätze direkt oder indirekt von einem Ausstieg aus der besonders umweltschädlichen Braunkohle betroffen wären. In keinem Bundesland ist demnach mehr als ein Prozent aller Beschäftigten davon abhängig.

Die Kohlenwirtschaft zählt noch knapp 20.000 Beschäftigte im Braunkohleabbau und den Kraftwerken. In der Steinkohle gibt es nicht mehr viele Arbeitsplätze - kommendes Jahr hört die Förderung in Deutschland auf.

WIE KÖNNTE DER AUSSTIEG OHNE STAATLICHE VERBOTE FUNKTIONIEREN?

Sowohl Umweltschützer als auch Wirtschaftsvertreter und Ökonomen fordern seit Jahren eine deutliche Stärkung des Emissionshandelssystems. Wenn es einen Mindestpreis für CO2 gäbe, bräuchten sich Grüne, Union und FDP "nicht mehr über einen Kohleausstieg zu streiten - der Markt würde die Aufgabe kosteneffizient erledigen", sagte der Chefökonomen des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Ottmar Edenhofer, dem "Handelsblatt".

(felt)
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