Kabinett beschließt Gesetzesreform So sollen Stalking-Opfer besser geschützt werden

Berlin · Das Bundeskabinett hat eine Reform des Stalking-Gesetzes auf den Weg gebracht. Was wird sich dadurch ändern? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Stalker machen ihren Opfern oft das Leben zur Hölle. Doch verurteilt werden sie eher selten. Das soll sich nun mit der Gesetzesreform ändern.

Der Begriff "Stalking" kommt aus der Jägersprache. Im Englischen bedeutet er "anpirschen" und bezeichnet das unerlaubte Nachstellen eines Menschen. Ein Stalker verfolgt, belästigt oder bedroht sein Opfer regelmäßig, etwa durch Briefe, Anrufe, beharrliches Auflauern oder Nachspionieren. Gesetzlich gilt es aber bisher nur als Nachstellung, wenn die Taten des Stalkers die "Lebensgestaltung (des Opfers) schwerwiegend beeinträchtigt" — etwa, wenn der oder die Betroffene deswegen umziehen oder den Arbeitsplatz wechseln muss.

In Deutschland ist Stalking seit 2007 strafbar unter dem Tatbestand "Nachstellung". Der Begriff "Stalking" kam zunächst in den USA auf. Galt es dort zunächst als eher kurioses Fanverhalten, änderte sich das, nachdem ein Stalker 1989 die Schauspielerin Rebecca Schaeffer erschossen hatte. Ihr Tod trug mit dazu bei, dass Kalifornien 1990 die ersten Anti-Stalking-Gesetze in den USA verabschiedete.

Bislang musste das Opfer nachweisen, dass es "schwerwiegend beeinträchtigt" ist. Um dieses Kriterium zu erfüllen, musste es zum Beispiel den Wohnort oder den Job wechseln. "Diese Schwelle der Strafbarkeit wird nur selten überschritten", erklärt Wolf Ortiz-Müller, Leiter der Beratungsstelle "Stop Stalking" für Opfer und Täter in Berlin. Nur ein bis zwei Prozent aller Strafanzeigen führen demnach zur Verurteilung des Täters. Diese Benachteiligung des Opfers soll nun aufgehoben werden.

"Stalking soll künftig auch dann strafbar sein, wenn das Opfer dem Druck nicht nachgibt und sein Leben nicht ändert", sagt Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD). Drei Jahre Haft drohen demnach, wenn jemand einer anderen Person in dieser Weise unbefugt und beharrlich nachstellt. Das Strafmaß hat sich nicht erhöht.

Ortiz-Müller von Stop Stalking befürwortet jegliche Gesetzesänderung zugunsten der Betroffenen. Er befürchtet aber, dass die Formulierungen im neuen Entwurf zu vage sind. Ob der tatsächlich in der Praxis Opfern mehr Schutz bietet, müsse sich also noch zeigen. Seiner Ansicht nach sollten vor allem Beratungseinrichtungen für Opfer und Täter ausgebaut werden. Es müssten Wege geschaffen werden, "wie man frühzeitig nach einer Anzeige die Stalking-Beschuldigten in einen Beratungsprozess einbindet". Der "Weiße Ring" fordert außerdem Anspruch auf Entschädigung für Opfer, die unter den psychologischen Folgen von Stalking leiden.

Etwa zwölf Prozent aller Menschen in Deutschland werden mindestens einmal im Leben gestalkt, heißt es von der Polizei unter Berufung auf eine Studie des Mannheimer Zentralinstituts für seelische Gesundheit. 2014 wurden 21857 Stalking-Fälle polizeilich erfasst. Wegen Stalking verurteilt wurden im selben Jahr 205 Personen.

Stalking rückt meist nur durch prominente Beispiele ins Rampenlicht - Steffi Graf, John Lennon, Madonna. Dem Weißen Ring zufolge sind rund 80 Prozent der Betroffenen Frauen, etwa 80 Prozent der Täter sind Männer. In rund der Hälfte aller Fälle hätten Opfer und Stalker vorher eine Beziehung gehabt.


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Es ist immer sinnvoll, Anzeige zu erstatten, denn frühzeitiges Einschreiten der Polizei kann den Täter abschrecken. Bei akuter Bedrohung die Polizei alarmieren. Das Opfer sollte dem Täter einmal klar machen, dass es keinen Kontakt wünscht, und dann jegliches weitere Gespräch mit ihm meiden. Als spätere Beweismittel sollte das Opfer alles dokumentieren und abspeichern, was der Stalker tut oder schickt. Hilfe bieten auch Opfereinrichtungen wie "Weißer Ring". Weitere Tipps gibt die Polizeiliche Kriminalprävention auf ihrer Webseite.

(dpa/seda)
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