SPD-Treffen in Düsseldorf Es kann nur einen geben

Berlin · Die SPD-Führung trifft sich am Dienstag vertraulich in Düsseldorf. Dann steht die Entscheidung an, ob Parteichef Gabriel die Kanzlerkandidatur übernimmt. Im Vorstand würde man das begrüßen, an der Basis wollen viele lieber Martin Schulz.

 SPD-Führer Sigmar Gabriel und Martin Schulz (rechts).

SPD-Führer Sigmar Gabriel und Martin Schulz (rechts).

Foto: ap, SO

Mit dieser Frage ist Sigmar Gabriel ganz allein: Will er als Vorsitzender der SPD die Kanzlerkandidatur im anstehenden Bundestagswahlkampf übernehmen? Die Antwort darauf wird er voraussichtlich am Dienstag den Mitgliedern der engeren Parteiführung bei einem Geheimtreffen mitteilen — in einem Düsseldorfer Hotel mit guter Flughafenanbindung, wie es hieß. Das zumindest ist die klare Erwartungshaltung im Parteivorstand, in der Bundestagsfraktion und an der Basis. Ob Gabriel bei dem Treffen tatsächlich liefert, darauf will mittlerweile aber niemand mehr wetten.

Zu viele Genossen haben schon böse Überraschungen mit Gabriel erlebt, kennen ihn als emotions- und instinktgeleitet, beschreiben ihn als sprunghaft. Dieses Image hat sich eingebrannt, die Beliebtheitswerte des Parteichefs sind bescheiden. In dieser Kategorie kann er es weder mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) noch mit dem SPD-Alternativkandidaten und scheidenden EU-Parlamentschef Martin Schulz aufnehmen. Gabriel weiß das. Er selbst beschrieb seine polarisierende Wirkung so: "Wenn man zehn Leute fragt, dann sagen fünf Leute: ein Supertyp. Und fünf Leute sagen: ein Riesenarschloch."

Gabriel - ein großes politisches Talent

Aber auch das ist wahr: Selbst erbitterte Gabriel-Gegner in der SPD würden ihm attestieren, eines der, wenn nicht das größte politische Talent der Partei nach Gerhard Schröder zu sein. Sie wissen, dass ihr Vorsitzender begeistern kann, feine Antennen für die Stimmung in Festsälen und der gesamten Bundesrepublik hat, angriffslustig, schlagfertig und mit seiner Form des Populismus eine wahre Rampensau ist. Als Kandidat würde Gabriel im Wahlkampf aufdrehen, auch wenn er im März mit seiner Frau die Geburt der zweiten gemeinsamen Tochter erwartet und für ihn die Familie höchsten Stellenwert hat — noch deutlich vor der SPD.

Und so gilt Gabriel in der Parteiführung schon als gesetzt, kaum einer zweifelt mehr daran, dass er zur Kandidatur greifen wird. Zudem wäre es doch für die Partei besonders praktisch: Keiner von Gabriels Stellvertretern müsste sich aus der Deckung ins ungewisse Gefecht wagen, Parteivorsitz und Kandidatur lägen in einer Hand, der Machtanspruch des Vorsitzenden wäre klar. Dass Gabriel aber realistische Chancen hätte, Merkel tatsächlich zu schlagen, glauben nur wenige.

Doch lieber Schulz?

Also doch lieber auf den deutlich populäreren Martin Schulz setzen? Auch er ist ein Pfund im Wahlkampf und gilt trotz seines fast ausschließlich europäischen Profils als ebenso glaubwürdiger Vertreter sozialdemokratischer Ideale wie Gabriel. Alle wissen: Die meisten an der Basis würden Schulz als Kanzlerkandidat vorziehen — auch wenn Schulz dann wohl kaum das reiseintensive Außenministerium von Frank-Walter Steinmeier übernehmen könnte.

Bei dem Geheimtreffen soll all das auf den Tisch, man will ungestört reden, weswegen der Treffpunkt möglicherweise auch noch einmal kurzfristig umgelegt wird. Aus der engsten Parteiführung drang dieses Mal auffallend wenig nach außen. Nur soviel: Man sei sich einig, dass Kandidat und Programm gut zusammenpassen und dass man sich inhaltlich im Wahlkampf sehr klar von der Union unterscheiden müsse. SPD-Generalsekretärin Katarina Barley sagte dazu, die CDU werde im Wahlkampf wieder ausschließlich auf Angela Merkel setzen. Die SPD werde "dem Personenkult der CDU" politische Inhalte und Werte entgegensetzen und dabei das Thema Soziale Gerechtigkeit in den Vordergrund stellen. "Das ist im übrigen auch der beste Weg hin zu einer Gesellschaft, in der sich alle frei und sicher fühlen", sagte Barley.

Wie viel Beinfreiheit dem Kandidaten dabei bleibt, ist in der SPD-Führung jedoch umstritten. Und Gabriel machte indes mit seinem selbst verfassten und in der vergangenen Woche auch für ranghohe Genossen überraschend vorgelegten Papier zur inneren Sicherheit bereits deutlich, wie viel von dieser Beinfreiheit er für sich selbst beansprucht. Gefreut hat das auch in der Parteispitze nicht jeden.

(jd)
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