Hohe Energiepreise SPD-Senator empfiehlt Pullover gegen Kälte

Berlin (RP). Der Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) rät Verbrauchern, die unter den steigenden Energiepreisen leiden, die Temperaturen im Zimmer zu drosseln und sich "dicke Pullover” anzuziehen. Sozialtarife lehnt er ab.

Thilo Sarrazin liebt klare Worte
Infos

Thilo Sarrazin liebt klare Worte

Infos
Foto: AP

Die einzige wirksame Maßnahme gegen die drastisch gestiegenen Energiepreise sei Energie sparen, sagte Berlins Finanzsenator Sarrazin im Gespräch mit unserer Zeitung. "Wenn die Energiekosten so hoch sind wie die Mieten, werden sich die Menschen überlegen, ob sie mit einem dicken Pullover nicht auch bei 15 oder 16 Grad Zimmertemperatur vernünftig leben können”, so Sarrazin. Es sei zudem ein gewünschter Effekt, dass die hohen Preise dazu führten, dass die Leute die Nachfrage nach Energie drosseln.

"Es gibt ohnehin keinen schnellen Ausweg aus der Situation, weil der wachsende Energiehunger in der Welt nicht nachlässt”, so Sarrazin. Den von Gewerkschaften, Sozialverbänden und Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) geforderten Energie-Sozialtarif für Bedürftige lehnte der SPD-Politiker entschieden ab. "Empfängern von Arbeitslosengeld II werden die Heizkosten erstattet. Darüber hinaus sehe ich keinen Handlungsbedarf.”

Dagegen unterstützt der Paritätische Wohlfahrtsverband (PWV), der Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege in Deutschland, die umstrittenen Warnungen des Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, vor "zehntausenden frierenden Menschen” in Deutschland. "Viele Bundesbürger werden im Winter die hohen Energiekosten nicht mehr zahlen können”, sagte der Hauptgeschäftsführer des PVW, Ulrich Schneider. Am stärksten seien diejenigen betroffen, die finanziell knapp über dem Hartz-IV-Niveau liegen, betonte der Sozialverbands-Funktionär.

Dazu gehörten rund 18 Prozent der Menschen, die als "einkommensarm gefährdet” gelten. Diese Gruppe gebe rund ein Viertel ihres Einkommens nur für Energie und Miete aus. Langfristig sei zu befürchten, dass Teile der Bevölkerung von der Versorgung mit Gas, Strom und Benzin abgekoppelt würden. "Wir haben schon heute bei vielen Familien Situationen, dass sie die Energiepreise kaum noch zahlen können”, sagte der Geschäftsführer des Sozialverbands.

Auch der Fraktionschef der Linkspartei, Gregor Gysi, hat seine heftig kritisierten Äußerungen über Kältetote in Deutschland gestern bekräftigt. "Kältetote oder Leute, die frieren, können wir in einem so reichen Land wie Deutschland nicht akzeptieren”, sagte Gysi dem Fernsehsender N24.

Politiker der Regierungskoalition hatten die Äußerungen von DGB-Chef Sommer und Linken-Politiker Gysi mit Empörung aufgenommen und von unverantwortlicher Panikmache gesprochen. "Das führt nur zu Kurzschlüssen”, betonte der SPD-Wirtschaftspolitiker Rainer Wend im Gespräch mit unserer Zeitung. "Energie lässt sich nicht herunter subventionieren.” Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach sich ebenfalls gegen Energie-Beihilfen des Staates aus.

Derweil haben die erneuten Preissprünge bei Öl, Strom und Gas die Inflationsrate in Nordrhein-Westfalen im Juli kräftig angeheizt. Die Verbraucherpreise an Rhein und Ruhr kletterten im Vergleich zum Vorjahresmonat um 3,3 Prozent, teilte das Statistische Landesamt mit. Alleine der Benzinpreis stieg um 13,8 Prozent

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort