Kanzlerkandidat der SPD Für Gabriel gibt es keine Abbiegemöglichkeit mehr

Meinung | Berlin · SPD-Chef Gabriel wollte nie unbedingt ins Kanzleramt - wie einst Gerhard Schröder. Nun wird er aller Voraussicht nach doch Merkel herausfordern.

2017 kommt Sigmar Gabriel um die Kanzlerkandidatur nicht herum. Nachdem er 2009 Frank-Walter Steinmeier den Vortritt ließ und 2013 Peer Steinbrück überzeugte die Partei in die Bundestagswahl zu führen, kann er nicht noch einmal verzichten, ohne auch das Amt des Parteichefs zu verlieren. An diesem Amt aber hängt er persönlich und emotional.

Es ist das Privileg des Parteichefs, auf die Kanzlerkandidatur zuzugreifen. Er kann entscheiden. Er könnte sie auch dem früheren Europaparlamentspräsidenten Martin Schulz überlassen. Doch dieser will dann auch den Parteivorsitz übernehmen. Die Führung seiner SPD, die ihn nicht besonders gut behandelt, will er aber nicht hergeben. Da stürzt er sich lieber selbst in den Wahlkampf. Wenn es ihm nicht gelingt, die SPD wieder aus der Todeszone der 20-Prozent-Marke zu bringen, ist er ohnehin weg vom Fenster. Dann wird er im Herbst 2017 zurücktreten müssen. Doch genau solch ein Wahlkampf, in dem es um Alles oder Nichts geht, liegt Gabriel. Erst unter Druck läuft der 57-Jährige zur Hochform auf.

Die SPD ist zweimal mit Männern angetreten, die im Volk beliebt waren, im Laufe des Wahlkampfs aber an Popularität einbüßten und am Ende krachend verloren. Dass die umgekehrte Variante funktioniert, wonach ein wenig beliebter Gabriel ein gutes Bundestagswahlergebnis einfährt, ist nur ein Hoffnungswert. Mehr aber haben die Sozialdemokraten derzeit aber nicht.

Auch wegen ihrer schlechten Ausgangslage ist der SPD das Nominierungsverfahren mit einem strengen Terminplan so wichtig. Am 29. Januar wollen sie den großen Aufschlag machen – einen Kanzlerkandidaten präsentieren und erklären, wo sie programmatisch mit dem Land hin wollen. Anders als Kanzlerin Merkel, die am Tag ihrer Entscheidung nicht mehr als ihre Entscheidung zu präsentieren hatte, wollen die Sozialdemokraten den ganz großen Bahnhof veranstalten. Strategisch ist das richtig gedacht, dem Kandidaten auch einen Sinn zu geben. Auf den Ausgang der Bundestagswahl hat der Zirkus um die Kür wenig Einfluss. Die Disziplin, bis zum 29. Januar offiziell dicht zu halten, dient mehr der Selbstvergewisserung, dass man Herr des eigenen Verfahrens ist, dass man dieses unberechenbare Wahljahr 2017 irgendwie in den Griff bekommt.

(qua)
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