Meinungsforscher "Merkels Flüchtlings-Satz ist so stark wie Brandts Kniefall"

Berlin · Manche Äußerungen erreichen gesellschaftliche und politische Wucht: Dazu gehört offenbar auch der Kanzlerinnen-Satz zur Flüchtlingsproblematik. Der Meinungsforscher Richard Hilmer hat Merkels Ausspruch "Wir schaffen das" mit dem Kniefall von Willy Brandt 1970 in Warschau verglichen.

 Der Kniefall von Willy Brandt 1970 in Warschau.

Der Kniefall von Willy Brandt 1970 in Warschau.

Foto: ullstein bild — Simon

Merkels Willkommensgesten für Flüchtlinge gehörten zu den markantesten Botschaften, die Deutschland an die Welt gerichtet habe, sagte der langjährige Geschäftsführer des Meinungsforschungsinstituts Infratest Dimap am Freitag der "Welt".

Auch mit ihrem Satz, für das Recht auf Asyl gebe es keine Obergrenze, habe die Kanzlerin Verantwortung für die Politik eines demonstrativen Willkommens für Flüchtlinge übernommen, so Hilmer weiter. "Sollte die Stimmung kippen, wäre das für Frau Merkel politisch bedrohlich."

Derzeit stelle die Flüchtlingsfrage alle anderen politischen Themen in den Schatten, so der Meinungsforscher weiter. Es gebe bei den Bürgern zunehmende Zweifel, ob Deutschland das Problem wirklich bewältigen könne. Enttäuschte CDU-Wähler könnten bei den anstehenden Wahlen zu Wahlenthaltung übergehen oder die AfD stark machen. Sie profitiere von der "riesigen Lücke, die die Union mit ihrer Wendung zur Mitte" lasse. "Ohne die Flüchtlinge wäre die AfD wohl wie die Piraten über kurz oder lang in der Versenkung verschwunden."

Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) hatte am 7. Dezember 1970 unmittelbar vor der Unterzeichnung des Warschauer Vertrags zwischen Polen und der Bundesrepublik Deutschland am Ehrenmal der Helden des Ghettos in Warschau einen Kranz niedergelegt und war dabei auf die Knie gesunken. Die Geste wurde zum Symbol der Ostpolitik, für die Brandt 1971 der Friedensnobelpreis zuerkannt wurde.

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(felt/KNA)
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