Franz Müntefering setzt sich für Familien ein Rentensystem benachteiligt Eltern

Berlin · Der Staat soll sich stärker an den Kosten für Kinder beteiligen, um den Generationenvertrag nicht zu gefährden. Das fordert das Berlin-Institut in einer Studie. SPD-Senior Franz Müntefering liefert die Merksätze und Kritik an der Rente.

So soll die Mütterrente funktionieren
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Die Reise vom Ruhrgebiet nach Berlin trat Franz Müntefering in gleich drei Funktionen an: Als Köder, als Experte und als Familienmensch. Als Köder funktionierte er ganz gut. Die Pressekonferenz, bei der das Berlin-Institut seine neue Studie zur Frage der Gerechtigkeit des Generationenvertrags vorgestellt hat, war gut besucht.

Als Experte war er geladen, weil Müntefering als ehemaliger Bundesarbeitsminister etwas vom Stoff versteht und die Kernbotschaft der Studie gerne zu seiner eigenen macht: Baut der Staat die Unterstützung für Eltern jetzt nicht massiv aus, setzt er den Generationenvertrag aufs Spiel. Ein neuer Vertrag müsse her, ein Gesellschaftsvertrag. Und ein für alle Generationen gerechtes Rentensystem. So einfach ist das und gleichzeitig so schwer.

Denn das Herzstück der sozialen Sicherungssysteme in Deutschland gerät bereits jetzt ins Wanken. Auslöser ist vor allem, dass mehr und mehr Babyboomer in Rente gehen, also Menschen der geburtenstarken Jahrgänge zwischen 1950 und 1970. Der demografische Wandel gewinnt so rasant an Fahrt: Immer mehr ältere Menschen beziehen Rente aus dem Umlagesystem von immer weniger jüngeren Erwerbstätigen.

So funktioniert die Rente mit 63
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Eltern sind nach Berechnungen des Berlin-Instituts dabei doppelt belastet. Sie stemmen als Erwerbstätige sowohl die Rentenbeiträge der älteren Generation als auch die Kosten für ihre Kinder. Besonders schwer zu tragen haben Alleinerziehende, finanziell am besten stehen kinderlose Paare mit zwei Erwerbstätigen da - sie tragen aber ohne Nachwuchs auch nicht zur langfristigen Sicherung der Sozialsysteme bei. Franz Müntefering fordert daher, Unterstützung von Familien und Kindern müsse für den Staat "höchste Priorität" haben.

Zugleich ließ der frühere SPD-Vorsitzende kein gutes Haar an den jüngsten Rentenbeschlüssen der Großen Koalition. Es sei falsch, dass die Mütterrente direkt aus der Rentenversicherung finanziert werde, und die Rente mit 63 komme nur einer bestimmte Gruppe zugute. Das "bringt uns demografisch nicht weiter", so der SPD-Politiker.

Nach Berechnungen des Instituts ist unterdessen besonders prekär, dass im Jahr 2015 auf 100 Erwerbstätige knapp 135 sogenannte "wirtschaftlich Abhängige" kommen werden, darunter vor allem Rentner. Würde die Erwerbsquote gesteigert, etwa indem mehr Frauen arbeiten, sinke die Anzahl der Abhängigen im Modell auf knapp 120. Ein Verhältnis 100 zu knapp 110 ergibt sich demnach, wenn zusätzlich das Rentenalter angehoben wird. Die Relation sinkt auf 105 Abhängige je 100 Erwerbstätigen, wenn auch noch mehr Zuwanderung eingerechnet wird. Es bliebe bei einem Missverhältnis, das allerdings weniger heftig auftrete.

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In einem generationengerechten Rentensystem würde nach Vorstellungen des Instituts das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung gekoppelt. In den vergangenen Jahren sei durch Frühverrentungsprogramme die Rentenbezugsdauer stärker gestiegen als die Lebenserwartung. Für jedes Jahr zusätzliche durchschnittliche Lebenserwartung müsse das Renteneintrittsalter daher um acht Monate angehoben werden. Die vier übrigen Monate würden demnach dem Rentenalter zugeschlagen.

Experte Franz Müntefering kann sich damit anfreunden. Als Familienmensch, die dritte Funktion des SPD-Promis bei der Veranstaltung, berichtet Müntefering von Gesprächen mit Familienmitgliedern: "Wichtig ist dort vor allem, wie die Kinder tagsüber betreut werden können. Nach wie vor entscheidet sich vor allem für Frauen bereits an diesem Punkt, ob und wie Familie und Beruf vereinbar sind."

(jd)
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