Rentensystem Eine Ost-West-Rentenangleichung ist überfällig

Meinung | Berlin · Trotz der teuren Rentenreformen im vergangenen Jahr steht die Deutsche Rentenversicherung relativ solide da. Es gibt aber einige Hypotheken für die Zukunft. Darunter: Die nach wie vor existierenden Unterschiede bei den Renten zwischen Ost und West.

 In Ost- und Westdeutschland fallen die Renten nach wie vor unterschiedlich hoch aus.

In Ost- und Westdeutschland fallen die Renten nach wie vor unterschiedlich hoch aus.

Foto: dpa

Im internationalen Vergleich ist das deutsche Alterssicherungssystem gerade einmal Durchschnitt: Die Deutschen zahlen einen relativ hohen Preis dafür, dass die Finanzierung des System trotz starker Alterung der Gesellschaft gesichert ist. Dafür ist das Rentenniveau niedrig und Geringverdiener fallen durchs Rost.

Alarmierend: Das Rentenniveau liegt auch dann unter dem Durchschnitt der Industriestaaten, wenn man eine volle Riester-Rente draufrechnet, die insbesondere bei den Geringverdienern in Deutschland kaum einer hat. Die Altersarmut wird in Deutschland steigen. Zumal immer mehr Arbeitnehmer in den Ruhestand gehen, die zwischenzeitlich arbeitslos oder prekär beschäftigt waren. Das ist eine Hypothek für die deutschen Sozialsysteme. Die neue Altersarmut, die eines Tages heute ankommende Flüchtlinge treffen kann, ist da noch nicht eingerechnet.

Die Verteilungskämpfe um die Mittel der Alterssicherung werden zunehmen. Umso dringender ist es, dass die Renten-Systeme in Ost und West endlich angeglichen werden. Die Unterschiede zwischen den Renten im Osten und im Westen führen immer wieder zu Neid-Debatten. Deutsche auf beiden Seiten des früheren Grenzverlaufs argwöhnen, dass die jeweils Anderen im Vorteil sind.

So werden die Rentenbeiträge der Ostdeutschen auch 25 Jahre nach der Einheit immer noch höher bewertet, als die der Westdeutschen. Im Gegenzug ist aber der Rentenwert, also die Rentenzahlung, die ein Senior pro erworbenem Rentenpunkt erhält, im Westen höher als im Osten. Unterm Strich sind die Ostdeutschen bei der gesetzlichen Rente im Vorteil. Ihre Alterseinkünfte insgesamt liegen aber niedriger als die der Westdeutschen.

Die große Koalition ist nicht die erste Bundesregierung, bei der das Vorhaben der Rentenangleichung im Koalitionsvertrag steht. Getraut hat sich aber bisher noch keine Regierung, das heiße Eisen anzupacken. Das Problem besteht darin, dass es bei einer Angleichung der Systeme im Osten oder im Westen Verlierer geben wird — wenn eine Angleichung nicht exorbitant teuer sein soll. Zudem ist das Rentensystem so kompliziert, dass sich eine Angleichung hervorragend für populistische Debatten ausschlachten lässt. Wir brauchen dennoch endlich eine Regierung, die den Mumm hat, das System umzustellen.

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