Schlüsselfigur der Barschel-Affäre Reiner Pfeiffer ist tot

Kiel · 1987 erschütterte die Barschel-Affäre um Intrigen, Spionage-Methoden und falsche Ehrenworte das Land. Mit Reiner Pfeiffer ist nun eine Schlüsselfigur jener Tage gestorben. Er war Barschels Mann für die unangenehmen Aufgaben.

 Reiner Pfeiffer, aufgenommen am 16.09.1987 neben einem Zeitungskiosk in Hamburg.

Reiner Pfeiffer, aufgenommen am 16.09.1987 neben einem Zeitungskiosk in Hamburg.

Foto: dpa, bs fpt

Er löste eine der größten Politaffären der Bundesrepublik aus und stürzte mit seinem Handeln zwei Ministerpräsidenten. Doch Einsicht zeigte Reiner Pfeiffer bis zuletzt nicht. In einem Video-Interview der "Bild"-Zeitung von 2013 antwortet Pfeiffer auf die Frage, was ihm an der Affäre am meisten leidtue:
"Dass ich da drin stecke, ich würde lieber nicht betroffen sein." Um jedes Wort muss der schon damals sichtlich geschwächte Pfeiffer, der zuletzt völlig zurückgezogen lebte, dabei kämpfen, muss lange nachdenken. Wie am Sonntag bekanntwurde, starb er am 12. August im Alter von 76 Jahren.

Ende der 80er Jahre war Pfeiffer deutlich agiler und umtriebiger.
Zusammen mit dem damaligen Kieler CDU-Regierungschef Uwe Barschel steht er für einen der größten Skandale in der deutschen Nachkriegszeit. 1987 kam der Skandal ins Rollen. Es ging um fiese Politik, Lügen und Vertuschen. Die Affäre, die mit Barschels mysteriösem Tod in einer Hotelbadewanne als Tragödie endete, belastete die Atmosphäre noch Jahre später.

Am 7. September 1987, sechs Tage vor einer nach 37 Jahren CDU-Macht in Kiel voller Spannung erwarteten Wahl, löste das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" eine Lawine aus mit dem Titel: "Waterkantgate: Spitzel gegen den Spitzenmann".

Die Spitzel waren Detektive, die Barschels Referent Reiner Pfeiffer aus der Staatskanzlei geordert hatte. Gerichtet war die Spitzelaktion gegen Björn Engholm. Er sollte für die SPD Ministerpräsident werden, hatte gute Chancen. Pfeiffer, der mit seinen schmutzigen Tricks als "Mann fürs Grobe" bekanntwurde, ließ aber nicht nur Spitzel auf den SPD-Politiker los. Er lancierte auch eine anonyme Steueranzeige gegen Engholm und quälte ihn als angeblicher Arzt am Telefon mit einem fingierten Aids-Verdacht. Auf Pfeiffers Angaben hin stand Barschel in der Öffentlichkeit als Mitwisser und gar Urheber der Aktionen da.

Barschel bestritt alles mit seinem Ehrenwort. Er wurde aber der Lüge überführt, auch wenn ein 1993 etablierter Untersuchungsausschuss für seine Urheberschaft keine Beweise mehr sah. Dass Barschel aber Mitarbeiter zu Falschaussagen drängte, steht fest. Seine politische Verantwortung für Pfeiffers Treiben ist ohnehin unbestritten.

Einen Monat nach der Wahl war Barschel tot. Ein Reporter fand den 43-Jährigen am 11. Oktober 1987 wenige Tage nach dessen Rücktritt im Genfer Hotel "Beau Rivage". Die bekleidete Leiche des CDU-Politikers lag in der Badewanne. Ob er sich das Leben nahm, ihm dabei jemand half oder ob er ermordet wurde, ist bis heute unklar. Sicher ist nur, dass Barschel an einem tödlichen Medikamentencocktail starb.

Für die SPD hallte die Affäre noch lange nach. 1987 erschien sie als ahnungsloses Opfer und stellte sich auch so dar. Sechs Jahre später kam heraus, dass auch Engholm schon vor der Landtagswahl vom Treiben Pfeiffers wusste. Es kam auch heraus, dass der frühere SPD-Landeschef Günther Jansen dem Strippenzieher Pfeiffer 1988 und 1989 umgerechnet jeweils mindestens 10 000 Euro zugesteckt hatte - nach seiner Darstellung aus Mitleid, weil Pfeiffer nach der Affäre keine neue Chance bekam.

Weil Jansen das Geld in einer Schublade angesammelt haben will, machte das Ganze als "Schubladen-Affäre" Geschichte. Jansen musste zurücktreten, dann Engholm, für den Heide Simonis das Ruder übernahm.
Die SPD stürzte in eine tiefe Glaubwürdigkeitskrise; die Bundespartei verlor mit Engholm den Parteichef und Kanzlerkandidaten.

(dpa)
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