Regierungserklärung zur Groko Merkel will die Gesellschaft wieder zusammenführen

Berlin · Bundeskanzlerin Angela Merkel will den Zusammenhalt in der Gesellschaft stärken. Das hat sie in ihrer Regierungserklärung betont. Für sie gehöre auch der Islam zu Deutschland. Dem widersprach die CSU.

 Angela Merkel gibt ihre Regierungserklärung im Bundestag ab.

Angela Merkel gibt ihre Regierungserklärung im Bundestag ab.

Foto: dpa, wk kno

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den Zusammenhalt der Gesellschaft in Deutschland zum Ziel ihrer vierten Amtszeit erklärt. Zwischen den Schwesterparteien CDU und CSU brach der Konflikt über die Zugehörigkeit des Islam zu Deutschland allerdings wieder aus.

Merkel betonte am Mittwoch in ihrer Regierungserklärung im Bundestag auch an die Adresse ihres Innenministers Horst Seehofer (CSU), dass der Islam inzwischen zu Deutschland gehöre. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt widersprach: "Der Islam gehört nicht zu Deutschland."

Dobrindt bekräftigte damit die Position seines Parteivorsitzenden Seehofer, der vor einigen Tagen die Debatte darüber wieder angeheizt hatte. Die überwiegende Mehrheit wolle, dass Deutschland ein christlich geprägtes Land mit seinem Wertesystem bleibe. "Und wir sind die Stimme dieser Menschen", unterstrich Dobrindt.

Merkel hielt der Position der Schwesterpartei, die im Herbst in Bayern eine Landtagswahl bestreiten muss, entgegen, historisch sei Deutschland zwar christlich und jüdisch geprägt. "Doch so richtig das ist, so richtig ist es auch, dass mit den 4,5 Million bei uns lebenden Muslimen ihre Religion, der Islam, inzwischen ein Teil Deutschlands geworden ist."

Die Bundesregierung habe die Aufgabe, alle Diskussionen so zu führen, dass am Ende durch konkrete Entscheidungen der Zusammenhalt aller dauerhaft in Deutschland lebenden Menschen größer und nicht kleiner werde. Die Flüchtlingskrise des Jahres 2015 habe das Land gespalten und polarisiert, sagte Merkel. Der Ton sei rauer geworden. Die Verunsicherung hätten auch die Koalitionsparteien bei der Bundestagswahl zu spüren bekommen.

Sie wolle, dass es am Ende der Legislaturperiode heiße, Spaltungen und Polarisierung in der Gesellschaft konnten überwunden und der Zusammenhalt gefestigt werden, sagte Merkel in ihrer ersten Regierungserklärung ihrer vierten Amtszeit und schloss mit den Worten: "Deutschland, das sind wir alle."

Erstmals verurteilte die Kanzlerin die Militäroffensive der Türkei gegen die kurdische YPG-Miliz in Syrien in aller Deutlichkeit. "Bei allen berechtigten Sicherheitsinteressen der Türkei ist es inakzeptabel, was in Afrin passiert, wo tausende und abertausende von Zivilisten verfolgt sind, zu Tode kommen oder flüchten müssen", sagte sie." Auch das verurteilen wir auf das Schärfste."

Im Handelsstreit mit den USA setzt Merkel auf eine Lösung in Verhandlungen - schließt aber notfalls "unmissverständliche Gegenmaßnahmen" nicht aus. Die angekündigten US-Schutzzölle auf Stahl und Aluminium seien rechtswidrig und schädlich, sagte sie. Die Handelsbeziehungen seien auch Thema beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel. Merkel warnte generell vor einem Kurs der wirtschaftlichen Abschottung.

Mit Blick auf den Datenskandal um Facebook sagte Merkel, die Datenschutzgrundverordnung in der EU, die im Mai in Kraft tritt und an die sich auch nichteuropäische Unternehmen halten müssen, sei nur ein erster Schritt hin zu einem umfassenden Schutz der Bürger. Hier müsse die soziale Marktwirtschaft eine neue Bewährungsprobe bestehen und die Politik geeignete Leitplanken vorgeben.

Grünen-Fraktionschef: "Spahn und Seehofer entlassen"

AfD-Fraktionschef Alexander Gauland warf Merkel in seiner mit Spannung erwartet Gegenrede vor, mit ihrer Flüchtlingspolitik Europa zu spalten. Osteuropäische Staaten wie Polen und Ungarn bestimmten zurecht selbst, wer in ihren Staatsgrenzen leben solle, sagte Gauland. Diese Länder argumentierten zurecht, es sei nicht ihre Angelegenheit, wenn Merkel Flüchtlinge einlade.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter begrüßte Merkels Ankündigung, den sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschlands zu stärken. Daraus müsse aber folgen, Innenminister Seehofer und Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zu entlassen. Spahn hatte zuletzt mit Äußerungen zur Armut in Deutschland heftige Debatten provoziert.

Der FDP-Fraktions- und Parteivorsitzende Christian Lindner warnte die große Koalition vor einer europäischen Transfer-Union nach den Vorstellungen von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Nach Ansicht von Linksfraktionschef Dietmar Bartsch legte die neue Regierung Merkels insgesamt einen glatten Fehlstart hin.

(heif)
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