Das Konzept von Gesundheitsminister Rösler Preiswerte Pillen - profitieren alle Patienten?

Berlin (RP). Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) hat dem Pharma-Markt eine Rosskur verordnet. Die Hersteller müssen in Zukunft beweisen, ob die Arzneien ihren Preis wert sind.

Das ist Philipp Rösler
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Was ändern die Pläne des Gesundheitsministers für die Versicherten?

In Zukunft müssen die Versicherten nicht mehr jede Arznei akzeptieren, mit deren Hersteller die eigene Krankenkasse einen Rabattvertrag geschlossen hat. Gesundheistminister Philipp Rösler (FDP) will den Versicherten die Freiheit geben, die Preisdifferenz zwischen Rabatt-Arznei und gewünschtem oder vom Arzt empfohlenen Medikament selbst zu begleichen. Wer bereit ist, dafür ins Portemonnaie zu greifen, kann beispielsweise seinen gewohnten Fettsenker über Jahrzehnte nehmen und muss sich nicht alle zwei Jahre auf neue Packungen und andere Tabletten einstellen. Die Regelung soll voraussichtlich ab 2011 gelten.

Wie viel Geld soll bei den Arzneimitteln eingespart werden?

Kurzfristig wollen Union und FDP die Hersteller dazu verpflichten, ihren Rabatt an die gesetzlichen Krankenkassen von sechs auf 16 Prozent zu erhöhen. Dadurch können 1,15 Milliarden Euro jährlich eingespart werden. Außerdem sollen die Arzneimittelpreise bis Ende 2013 auf dem Niveau von August 2009 eingefroren werden. Das bringt 300 Millionen Euro jährlich. Erstmals sollen die Pharma-Unternehmen auch verpflichtet werden, über den Preis für neue Arzneien mit den Krankenkassen direkt zu verhandeln. Das Gesundheitsministerium schätzt, dass sich dadurch mittelfristig abermals 1,8 Milliarden Euro jährlich einsparen lassen.

Kann dadurch der Beitragssatz sinken?

Um einen Punkt beim Beitragssatz einzusparen, ihn also von derzeit 14,9 auf 13,9 Prozent sinken zu lassen, bedarf es rund zehn Milliarden Euro. Röslers Sparpaket wird jährlich bis zu drei Milliarden Euro bringen. Das dämpft zwar den Kostenanstieg der Kassen, für eine Beitragssenkung reicht es aber nicht. Außerdem erwarten die Kassen fürs nächste Jahr ein Defizit von bis zu 15 Milliarden Euro. Das heißt, trotz der Einsparungen werden die Versicherten 2011 voraussichtlich mehr als heute zahlen müssen.

Werden die Privatpatienten auch vom Arzneimittel-Sparpaket profitieren?

Im Gegenteil. Die privaten Versicherungen fürchten, dass sie "die Zeche zahlen müssen". Denn für die Privaten ist kein verbindlicher Rechtsrahmen vorgesehen, in dem sie mit den Arzneimittel-Herstellern über Preise verhandeln können. Die Versicherungen mutmaßen, dass die Pharma-Industrie von den Privaten künftig noch höhere Preise nehmen wird, wenn sie bei den gesetzlichen Kassen zu Preisnachlässen gezwungen wird.

Was kommt auf die Pharma-Industrie zu?

Vor allem die forschende Arzneimittelindustrie muss sich umstellen. Wer künftig neuartige Arzneien auf den Markt bringt, soll beweisen, dass die teuren, neuen Medikamente auch einen Zusatznutzen bringen. Anschließend sollen die Anbieter mit den Kassen über einen Preis verhandeln. Die Pharma-Firmen dürfen zunächst wie bisher ihren Preis selbst festsetzen. Nach einem Jahr muss es eine Einigung mit den Kassen geben, sonst entscheidet ein Schiedsgericht.

Welche Schlupflöcher lässt das Rösler-Konzept?

Die Kritiker sagen, die Pharma-Industrie werde immer noch nicht an die kurze Leine gelegt. Sie fürchten, dass die Hersteller künftig mit noch höheren Preisen in den Markt gehen, um dann in den Verhandlungen Nachlässe zu geben.

Werden künftig weiterhin alle Versicherten von neuen Medikamenten profitieren?

Die Versorgung mit neuartigen Medikamenten beispielsweise bei Krebs wird sich voraussichtlich nicht verändern. Die Pharma-Industrie hat allerdings in Frage gestellt, ob sie künftig noch so ausgiebig forschen kann wie bislang.

(RP)
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