Parteitag der Grünen in Halle Dämpfer für Peter und Spitzenkandidat-Aspirant Habeck

Halle · Die Parteichefs der Grünen, Simone Peter und Cem Özdemir, sind am Samstag in ihren Ämtern bestätigt worden. Peter, die für den linken Parteiflügel steht, erhielt bei ihrer Wiederwahl nur 68 Prozent der Stimmen. Özdemir, der den Flügel der Realpolitiker vertritt, konnte 76,9 Prozent der Delegierten überzeugen.

Parteitag der Grünen: Dämpfer für Simone Peter und Robert Habeck
Foto: dpa, rje sab

Vor zwei Jahren hatte Peter als Nachfolgerin von Claudia Roth an der Spitze der Partei noch 75,9 Prozent erzielt. Özdemir konnte sein Ergebnis von 2013 (71,4 Prozent) klar verbessern. Allerdings lag er weit hinter seinen früheren guten Ergebnissen von 2008, 2010 und 2012.

Vier Monate vor den Landtagswahlen in drei Bundesländern und zwei Jahre vor der nächsten Bundestagswahl hat der Parteitag die Grünen-Spitze damit nicht gestärkt. Vor allem für Simone Peter, die zwar kämpferisch auftrat, aber vor allem die Delegierten der Parteilinken zu wenig überzeugen konnte, bedeutet das Wahlergebnis eine Schlappe. Nach dieser Enttäuschung dürfte sie eher davor zurückschrecken, im Herbst 2016 bei der Urwahl für die Spitzenkandidatur der Grünen für die Bundestagswahl anzutreten. Özdemir dürfte dagegen ermutigt worden sein, seinen Hut in den Ring zu werfen.

Beide Parteivorsitzende hatten allerdings je einen Gegenkandidaten. Peters Kontrahentin, die Potsdamer Parteilinke Sonja Karass, konnte sogar 134 Delegierte von sich überzeugen und nahm der Parteivorsitzenden damit viele mögliche Stimmen weg. Allerdings hatten sich auch etwa 100 Delegierte an der Wahl Peters gar nicht erst beteiligt. Peter hätte trotz der Gegenkandidatur also deutlich besser abschneiden können.

Für die Spitzenkandidatur 2017 bewerben sich der Chef der Bundestagsfraktion, Anton Hofreiter als Vertreter der Parteilinken, und Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck als Vertreter des Realo-Flügels. Der Parteitag gab am Samstagsabend bei der Wahl des Parteirats ein erstes Zeichen, wem die Grünen derzeit mehr vertrauen: Hofreiter hatte mit 514 Stimmen oder 72,6 Prozent deutlich mehr Rückhalt als Habeck mit 465 Stimmen oder 65,7 Prozent.

Vor allem Özdemir dominierte den Parteitag in Halle mit zwei fulminanten Reden, für die er stellenweise Standing Ovations erhielt. Özdemir griff die CSU und die Konservativen in der CDU frontal an, nahm allerdings mehrfach die Kanzlerin in Schutz. An die Adresse von CSU-Chef Horst Seehofer, der Merkel beim CSU-Parteitag am Freitag unter anderem wegen ihrer Aussage, das Asylrecht kenne keine Obergrenze, regelrecht vorgeführt hatte, sagte Özdemir: "So behandelt man nicht Angela Merkel, wenn sie das Richtige sagt. Das ist unanständig."

Der Parteitag hatte am Freitag die Position der Grünen in der Asyl- und Sicherheitspolitik konkretisiert. Die Partei lehnte die Pläne der großen Koalition für ein zweites Asylpaket zur weiteren Verschärfung der Bedingungen für Flüchtlinge mit breiter Mehrheit ab. Die Grünen sind gegen Bechränkungen beim Familiennachzug für Flüchtlinge und gegen verstärkte Abschiebungen nach Afghanistan. In Syrien setzen die Grünen auf eine friedliche politische Lösung. Allerdings wollen sich die Grünen dem maßvollen Einsatz militärischer Mittel auch der Bundeswehr gegen die Terrormiliz IS nicht verschließen, wenn diese von Frankreich angefordert werden.

Eltern sollen nach dem Willen der Grünen künftig mehr Zeit für ihre Kinder haben können. Das Elterngeld wollen sie von bisher maximal 14 Monaten auf 24 Monate ausweiten. Einen Antrag des Wirtschaftspolitikers Dieter Janecek, dies aus Gründen zu hoher Kosten für die Steuerzahler abzulehnen, wies der Parteitag mit großer Mehrheit zurück. Zudem wollen die Grünen durchsetzen, dass ein Vollzeit-Arbeitnehmer auch nur 30 Stunden in der Woche arbeiten muss. Im Arbeitszeitkorridor zwischen 30 bis 40 Stunden pro Woche sollen Menschen selbst wählen können, wie lange sie Vollzeit arbeiten möchten.

(mar)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort