Steuerzuschüsse geplant Parteien umwerben Geringverdiener

Berlin · SPD und Grüne wollen Sozialbeiträge von Niedrigverdienern gezielt durch Steuerzuschüsse senken. Wirtschaftspolitiker von Union und FDP dringen auf allgemeine Beitragssatzsenkungen für alle.

 Vater und Tochter auf einem Spielplatz in Berlin. (Symbolbild)

Vater und Tochter auf einem Spielplatz in Berlin. (Symbolbild)

Foto: dapd, Christoph Soeder

Im heraufziehenden Bundestagswahlkampf versprechen die Parteien nicht mehr nur Steuerentlastungen für alle, sondern auch Abgabensenkungen vor allem für Familien mit Kindern und Geringverdiener. Während SPD und Grüne die Sozialbeiträge dieser Gruppen gezielt durch Steuerzuschüsse senken wollen, nehmen Union und FDP allgemeine Beitragssenkungen ins Visier.

Spielraum sehen sie vor allem in der Arbeitslosenversicherung. "Da könnte man mit Sicherheit um 0,3 Prozentpunkte runtergehen", sagte Unionsfraktionsvize Michael Fuchs. Auch die FDP will hier eine Entlastung um 0,3 Punkte durchsetzen. "Dies schafft nicht nur weitere Anreize für neue Jobs. Es ist auch ordnungspolitisch geboten", heißt es in einem Positionspapier des FDP-Präsidiumsmitglieds Michael Theurer. Der Beitragssatz liegt derzeit bei exakt drei Prozent.

Etwa 40 Prozent aller Steuerpflichtigen zahlen wegen zu geringer Einkünfte oder wegen der Freibeträge, die das Existenzminimum von Eltern und Kindern steuerfrei stellen, gar keine Steuern. Diese Gruppen möchten SPD und Grüne deshalb bei den Abgaben entlasten. Union und FDP begründen ihre Pläne zur Beitragssatzsenkung dagegen eher mit der im internationalen Vergleich zu hohen deutschen Sozialabgabenquote. Zudem wollen sie durch niedrigere Beiträge die Arbeitgeber entlasten, die in der Regel die Hälfte der Abgabenlast tragen.

Alle Sozialkassen im Plus

Die Lohnnebenkosten als Summe der Beitragssätze für alle Sozialversicherungen dürften nicht über 40 Prozent eines Bruttomonatsgehalts steigen, betont der baden-württembergische FDP-Chef Theurer in seinem Papier. "Die Sozialabgaben nähern sich gefährlich der 40-Prozent-Marke." Angesichts der guten Arbeitsmarktlage seien derzeit alle Sozialkassen im Plus. "Das verführt viele in der Politik dazu, über Leistungsausweitungen etwa beim Arbeitslosengeld nachzudenken und ungedeckte Schecks etwa bei der gesetzlichen Krankenversicherung auszustellen. Dies ist aber der falsche Weg", so Theurer.

Der Wirtschaftsflügel der Union fordere eine "Vollbeschäftigungsdividende" für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, sagte CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach: "Wir sehen bei der Arbeitslosenversicherung ein Senkungspotenzial von mindestens 0,5 Prozentpunkten." Das habe der Parlamentskreis Mittelstand, dem in der Unionsfraktion die Hälfte aller Abgeordneten angehört, so beschlossen. Arbeitnehmer wollten lieber für ihre gute Leistung entlastet werden statt durch staatliche Subventionen.

Die SPD will in ihr Wahlprogramm, an dem noch gefeilt wird, ein Konzept zur Abgabensenkung nur für Geringverdiener schreiben. "Je niedriger mein Einkommen ist, desto höher sind relativ gesehen die Abgaben. Das ist ungerecht", sagte der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Lothar Binding. Eine allgemeine Abgabensenkung würde dagegen vor allem Besserverdienenden zugutekommen. Im Gespräch ist in der SPD ein Steuerzuschuss nach österreichischem Vorbild von bis zu 400 Euro im Monat für die Ärmsten. Er würde geringer, je mehr jemand verdient - und ab dem Einkommen entfallen, ab dem Steuern entrichtet werden müssen.

Die Grünen haben ähnliche Pläne. "Wir denken über Steuerzuschüsse für Geringverdiener nach, weil die überproportional hohe Sozialabgaben zahlen müssen", sagte Grünen-Fraktionsvize Kerstin Andreae. Die große Koalition habe durch die Rente mit 63 und die Erhöhung der Mütterrenten die Rentenkasse stark belastet. Deshalb seien hier allgemeine Beitragssatzsenkungen jetzt nicht mehr möglich.

(mar)
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