Interview Papst sieht bei Europas Populisten Parallelen zu Hitler

Rom/Madrid · Papst Franziskus zieht Parallelen zwischen den populistischen Bewegungen in Europa und dem Aufstieg Adolf Hitlers vor 1933. Mit Blick auf Donald Trump rät der Papst in Interview der Zeitung "El Pais" indes zu Besonnenheit und zum Abwarten.

 In Sorge: Papst Franziskus.

In Sorge: Papst Franziskus.

Foto: dpa, zeus hjb

In der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre sei Deutschland ruiniert gewesen und habe Hitler gewählt, sagte Franziskus. "Hitler hat die Macht nicht an sich gerissen; er wurde von seinem Volk gewählt und hat sein Volk zerstört. In Zeiten der Krise versagt das Urteilsvermögen", so das katholische Kirchenoberhaupt.

In Krisenzeiten suchten die Menschen "einen Heilsbringer, der uns unsere Identität wiedergibt", sagte Franziskus. "Wir schützen uns mit Mauern und Stacheldraht vor den anderen Völkern, die uns unsere Identität nehmen könnten." Das sei "sehr schlimm".

Das Jahr 1933 in Deutschland sei "typisch". Deutschland habe sich in einer Krise befunden und seine Identität gesucht. "Da kam dieser charismatische Anführer und versprach, ihnen eine Identität zu geben. Aber er gab ihnen eine verquere Identität, und wir wissen, was dann passiert ist."

"Ich werde mir eine Meinung bilden"

Mit Blick auf den neuen US-Präsidenten Donald Trump ruft Franziskus die Welt zu Besonnenheit auf. Niemand sollte "sich erschrecken oder sich freuen über etwas, was passieren könnte", betonte er weiter.
"Man wird sehen, was er tut, dann werde ich mir meine Meinung bilden." Der Papst gab das Interview in den Minuten, in denen Trump seinen Amtseid ablegte.

Zum Thema Flüchtlinge warnt Franziskus vor Abschottung, betont aber zugleich das Recht der Staaten zum Schutz ihrer Grenzen: "Jedes Land hat das Recht, seine Grenzen zu kontrollieren, zu wissen, wer hereinkommt und wer hinausgeht." Zugleich rief der Papst die europäischen Staaten auf, mehr zu tun, um Flüchtlinge zu integrieren. Italien und Griechenland hätten bei der Aufnahme "beispielhaft gehandelt". Nun aber müsse ein Prozess der Integration beginnen, sonst riskiere Europa die Bildung weiterer potenziell islamistischer Ghettos wie in Brüssel.

In dem Interview spricht der Papst auch über diverse innerkirchliche Fragen. Geführt wurde es am Freitag von einem Journalisten der spanischen Zeitung "El Pais". Sie gehört wie die deutsche "Welt am Sonntag" - die zunächst lediglich eine redaktionelle Fassung zur Verfügung stellte - zur "Leading European Newspaper Alliance", in der sieben Zeitungen zusammenarbeiten. Gedruckt erscheint das Interview auf Deutsch in der "Welt" (Montag).

(KNA)
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