Osteuropa Merkel stellt größeren Beitrag zu Nato-Engagement in Aussicht

Berlin · Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich für eine Fortführung des Dialogs mit Russland ausgesprochen, gleichzeitig aber auch ein stärkeres deutsches Engagement im Rahmen der Nato-Abschreckung gegen Russland in Osteuropa in Aussicht gestellt.

 Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht in Berlin im Bundeskanzleramt neben Lettlands Ministerpräsident Maris Kucinskis.

Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht in Berlin im Bundeskanzleramt neben Lettlands Ministerpräsident Maris Kucinskis.

Foto: dpa, nie cul

"Hier sind einige Verstärkungen möglich, die werden wir im Augenblick auch prüfen", sagte Merkel am Freitag nach einem Treffen mit dem lettischen Ministerpräsidenten Maris Kucinskis in Berlin. Dies gelte "gerade auch im Blick auf Litauen".

Das zusätzliche Engagement werde bis zum Nato-Gipfel im Juli in Warschau präzisiert, kündigte die Kanzlerin an. "Ich persönlich weise allerdings immer wieder darauf hin, dass für uns sehr wichtig ist, dass wir uns im Rahmen der Nato-Russland-Akte bewegen", hob Merkel hervor. Die Bundesregierung habe es in diesem Zusammenhang "sehr befürwortet", dass sich der Nato-Russland-Rat vor anderthalb Wochen erstmals nach zweijähriger Pause wieder getroffen hatte.

"Wir müssen immer wieder die Gesprächsfähigkeit auch herstellen und ermöglichen. Das halte ich für sehr wichtig", sagte Merkel am Freitag in Berlin.

Kucinskis sagte mit Blick auf ein verstärktes Engagement der Nato in Osteuropa, dass die "Blicke auch in Sicherheitsfragen auf Deutschland gerichtet" seien. "Ich bin sehr froh darüber, dass die Kanzlerin ihre Unterstützung kundgetan hat" für die Sicherung der lettischen Ostgrenze, fügte der lettische Regierungschef hinzu.

Das Bundesverteidigungsministerium bestätigte am Freitag Berichte von "Spiegel Online" und "Süddeutscher Zeitung", dass die Bundeswehr prüfe, ob sie durch die Entsendung von Soldaten den Aufbau eines Nato-Bataillons in Litauen unterstützen könne. Deutschland könnte demnach in Litauen die Führungsrolle einer Truppe übernehmen, die aus wechselnden Einheiten von bis zu tausend Soldaten bestehen könnte.

Dem bisherigen Planungsstand zufolge könnte die Nato-Mission aus stets rotierenden Truppen in den baltischen Staaten, Polen und Rumänien bestehen, hieß es in den Berichten. Das Rotationsprinzip ist wichtig, weil bestehende Vereinbarungen mit Russland es nicht zulassen, dass die Nato dauerhaft Truppen an der Ostgrenze stationiert.

Hintergrund der Überlegungen ist das Drängen osteuropäischer Nato-Staaten auf eine stärkere Präsenz der Allianz. Seit der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim vor zwei Jahren fürchten sie einen weitergehenden Expansionskurs Russlands. Über die Mission an der Nato-Ostgrenze soll auf dem Nato-Gipfel in Warschau entschieden werden.

Schon jetzt Tausende Bundeswehrsoldaten eingeplant

Die Bundeswehr soll sich künftig mit noch mehr Soldaten an der Nato-Abschreckung gegen Russland im östlichen Bündnisgebiet beteiligen. Eine deutsche Kompanie mit 150 bis 250 Soldaten soll ein Bataillon mit schätzungsweise um die 1000 Soldaten in Litauen anführen.

Die Bundeswehr ist bereits jetzt im Osten der Nato aktiv. Sie schickt dieses Jahr rund 5500 Soldaten in Manöver und zur Ausbildung vor allem nach Polen und in die drei baltischen Länder, die an Russland grenzen. Das sind etwa 500 mehr als im Vorjahr. Auch die Zahl der Manöver, an denen die Bundeswehr sich beteiligt, steigt im Vergleich zum Vorjahr von 16 auf 21.

Die Beteiligung an den schnellen Einsatzkräften der Nato für Krisensituationen hat Deutschland dieses Jahr von 4700 auf 3600 Soldaten etwas heruntergefahren. An der Überwachung des Luftraums über dem Baltikum haben sich deutsche "Eurofighter"-Kampfjets zuletzt zwischen Ende August 2015 und Anfang Januar 2016 beteiligt. In den letzten vier Monaten dieses Jahres wird die deutsche Luftwaffe diese Aufgabe wieder übernehmen.

In der Folge der Ukraine-Krise und der Annexion der Krim verstärkt die Nato ihre Präsenz im Osten des Bündnisses. Russland sieht dies als Verstoß gegen die Nato-Russland-Grundakte von 1997, in der beide Seiten ihre Beziehungen nach dem Ende des Kalten Krieges regelten. Sie bekunden in dem Dokument die Absicht, sich nicht mehr als Gegner zu betrachten, "eine starke, stabile und andauernde Partnerschaft" aufzubauen und sich gemeinsam für "umfassenden Frieden" einzusetzen.

Die Nato sichert in der "Grundakte über gegenseitige Beziehungen, Zusammenarbeit und Sicherheit" konkret zu, dass sie keine Pläne hat, Atomwaffen auf dem Gebiet ihrer neu aufgenommenen Mitglieder aus dem früheren Einflussbereich der ehemaligen Sowjetunion zu stationieren.

Bei konventionellen Truppen ist die Aussage nicht so klar: Das westliche Verteidigungsbündnis erklärt zwar, dass es seine kollektive Verteidigung eher durch die Integration seiner Truppen und die "Fähigkeit zur Verstärkung" gewährleistet, "als dass es zusätzlich substantielle Kampftruppen dauerhaft stationiert". Verstärkungen sind demnach aber "für den Fall der Verteidigung gegen eine Aggressionsdrohung" oder bei Friedenseinsätzen möglich.

(felt/dpa/AFP)
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