OECD-Studie Qualifizierte Flüchtlinge haben es bei der Jobsuche schwer

Berlin · Längst ist klar, dass die Eingliederung geflüchteter Menschen in den Jobmarkt mühsam und teuer wird. Im internationalen Vergleich sind die Voraussetzungen für eine deutsche Erfolgsgeschichte aber gar nicht so schlecht.

 Viele Flüchtlinge sind nach Angaben einer OECD-Studie für die Berufe, die sie in Deutschland ausüben überqualifiziert.

Viele Flüchtlinge sind nach Angaben einer OECD-Studie für die Berufe, die sie in Deutschland ausüben überqualifiziert.

Foto: dpa, nie axs

Bei der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt hat Deutschland nach Einschätzung der OECD aus Fehlern der Vergangenheit gelernt und den richtigen Weg eingeschlagen. "Die Flüchtlingskrise wird als Chance genutzt, das Integrationssystem erheblich zu verbessern", sagte der Arbeitsmarktexperte der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Thomas Liebig, am Mittwoch bei der Vorstellung einer Vergleichstudie. Am Ende seien alle Bemühungen, Flüchtlinge möglichst frühzeitig in Jobs zu bringen, auch hilfreich für ihre Eingliederung in die deutsche Gesellschaft.

Die europaweite Untersuchung von OECD und Europäischer Kommission bezieht sich im wesentlichen auf das Jahr 2014, gibt aber nach den Worten Liebigs viele Hinweise für die Lage nach dem Andrang von rund einer Million Flüchtlinge im Vorjahr. "Erhebliche Fortschritte" habe Deutschland bei der Sprachvermittlung gemacht, die entscheidend für die Arbeitsmarkt-Integration sei.

Vor zwei Jahren lag der Anteil der Flüchtlinge, die hierzulande nach zehn Jahren Deutsch auf dem fortgeschrittenen B1-Niveau sprachen, bei nur gut 40 Prozent — bei anderen Migranten waren es 70 Prozent. Inzwischen werde dafür gesorgt, dass schon etwa 60 Prozent der Geflüchteten die Landessprache schnell auf B1-Niveau beherrschen.

Nach den August-Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) waren zuletzt 153.000 Geflüchtete als arbeitslos registriert — 13.000 mehr als im Juli. Zusammen mit den rund 193.000 Asylsuchenden, die in Integrations- und Berufseingliederungskursen auf Alltag und Arbeitsleben in Deutschland vorbereitet werden, beläuft sich die Zahl der arbeitsuchenden Flüchtlinge auf 346.000.

Auffällig: Hoch qualifizierte Flüchtlinge haben in Deutschland vergleichsweise große Probleme, ihre Fähigkeiten im Arbeitsmarkt anzubringen, sie sind für ihre Jobs überqualifiziert.

BA-Chef Frank-Jürgen Weise ist zwar grundsätzlich optimistisch. "Aber es wird viel Geld kosten und lange dauern." Eine Gesamtbilanz, ob sich die Aufnahme der Flüchtlinge auch für den deutschen Arbeitsmarkt gelohnt habe, werde erst in einigen Jahren vorliegen. Auch Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) rechnet nur längerfristig mit spürbaren Erfolgen bei der Job-Integration von Flüchtlingen.

Insgesamt sieht die OECD Gründe für die Hoffnung, dass Deutschland die Job-Integration besser und schneller hinbekommt als früher — und auch als andere Länder: die sehr gute Lage am Arbeitsmarkt, die Verbesserungen der Integrationspolitik an wichtigen Stellschrauben, eine frühzeitige Erfassung von Kompetenzen, niedrigere Verwaltungshürden bei fehlenden Dokumenten oder schwer nachweisbaren Qualifikationen. Früher dauerte es 15 bis 20 Jahre, ehe Flüchtlinge bei der Beschäftigungsquote auf Inländer-Niveau waren — nun seien die von der BA erwarteten fünf bis sechs Jahre realistisch, sagte Liebig.

Nach Auffassung der OECD sollten die Zielländer der Flüchtlinge ein Hauptaugenmerk auf die Beschäftigung von Frauen legen — diese täten sich auch wegen der familiären Rollenaufteilung oft schwer auf dem Arbeitsmarkt.

Liebig lobte die im OECD-Vergleich bei Flüchtlingen stärker als bei anderen Migranten ausgeprägte Bereitschaft, die Staatsbürgerschaft ihres Ziellandes anzunehmen. Auch das sei "ein wichtiger Indikator für Integration" in Gesellschaft und Arbeitsmarkt.

(rent/dpa)
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