Anstieg im fast 150 Prozent Zahl der Wohnungslosen schnellt in die Höhe

Berlin · Weniger Sozialwohnungen und steigende Mieten: Nach einer neuen Schätzung können sich weniger Menschen als früher in Deutschland eine Wohnung leisten. Bis 2018 soll die Zahl auf rund 1,2 Millionen Menschen ohne Wohnung wachsen.

 Obdachlose Frau (Symbolbild).

Obdachlose Frau (Symbolbild).

Foto: Shutterstock.com

Die Zahl der Menschen ohne Wohnung ist in Deutschland deutlich angestiegen. Im Jahr 2016 gab es rund 422.000 Wohnungslose, teilte die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe am Dienstag in Berlin mit. Im Vorjahr seien es 367.000, im Jahr 2014 rund 335.000 gewesen.

Dazu kamen 2016 nach Angaben des Verbands rund 436.000 anerkannte Flüchtlinge, die ohne eigene Bleibe in Gemeinschaftsunterkünften lebten. Beide Gruppen addiert, waren im Vorjahr rund 860.000 Menschen ohne Wohnung. Seit 2014 sei dies ein Anstieg um rund 150 Prozent, sagte Geschäftsführer Thomas Specht. Ohne ein Umsteuern könne die Zahl der Wohnungslosen bis 2018 auf 1,2 Millionen wachsen, warnte er.

Specht beklagte, dass das Angebot an bezahlbarem Wohnraum beständig schrumpfe. Der Bestand an Sozialwohnungen sei seit 1990 um rund 60 Prozent auf rund 1,2 Millionen Wohnung 2016 gesunken. Bis 2020 würden weitere 170.000 Wohnungen aus der Sozialbindung fallen. Der Staat habe zudem eigenen Wohnungen an private Investoren verkauft.

32.000 Kinder und Jugendliche betroffen

Nach der Statistik der Arbeitsgemeinschaft lebten rund 52.000 Menschen ohne jede Unterkunft auf der Straße. 2014 habe ihre Zahl bei rund 39.000 gelegen. Die Straßenobdachlosigkeit werde inzwischen von Migranten aus EU-Ländern mitgeprägt. Die meisten anderen Menschen ohne Wohnung leben zumeist in Sammelunterkünften, ein knappes Drittel mit Partner oder Familie. Die Zahl der Kinder und Jugendlichen, deren Eltern keine Wohnung haben, schätzt der Verband auf rund 32.000.

"Die heute vorgestellten Zahlen zur Wohnungslosigkeit sind erschreckend", sagte Ulrike Mascher, Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland. "Aus unserer Sicht belegen die Zahlen vor allem, dass immer mehr Menschen wegen Einkommensarmut oder Überschuldung ihre Monatsmiete nicht bezahlen können."

Die Vorsitzende der BAG Wohnungslosenhilfe, Karin Kühn, forderte die Bundespolitik auf, die Lebenslagen von verarmten und wohnungslosen Menschen zur Kenntnis zu nehmen. "Sofort-Maßnahmen gegen den weiteren Anstieg der Wohnungslosigkeit gehören in einen Koalitionsvertrag", sagte sie.

(laha)
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