Ministerpräsident Niedersachsens Weil VW soll Einfluss auf Regierungserklärung genommen haben

Berlin · Der niedersächsische Ministerpräsident Weil sitzt im VW-Aufsichtsrat. Seine Reden soll der SPD-Politiker laut einem Artikel der "Bild am Sonntag" von dem Autokonzern vorher lesen haben lassen. Den Vorwurf der unbotmäßigen Einflussnahme des Autobauers weist Weil zurück.

 VW-Hauptgebäude in Wolfsburg. (Symbolbild)

VW-Hauptgebäude in Wolfsburg. (Symbolbild)

Foto: afp

Der konkrete Vorwurf: Stephan Weil soll seine Regierungserklärung vom 13. Oktober 2015 zur Abgas-Affäre vom VW-Konzern umschreiben haben lassen. Die Zeitung beruft sich auf ihr vorliegende Unterlagen, wonach der der Autobauer die Rede vorab erhalten habe. Anschließend hätten die Redenschreiber des Vorstandes die Rede aufgehübscht, "problematische Passagen" seien sogar gestrichen und "positivere Formulierungen" hinzugefügt worden.

In einem Interview mit dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (RND) hatte Niedersachsens Ministerpräsident am Samstagabend behauptete, es habe sich nicht nur um eine "Prüfung auf rechtliche Belange und Richtigkeit der genannten Fakten" gehandelt. Doch ein VW-Mitarbeiter widerspricht laut "Bild am Sonntag": "Das war kein Faktencheck, wir haben die Rede umgeschrieben und weichgespült."

Regierungssprecherin Anke Pörksen räumte laut "Bild am Sonntag" ein, einzelne Anregungen seien dem Ministerpräsidenten unterbreitet worden, ein Teil dieser Anregungen sei aufgegriffen worden. An der "harten Kritik" an Volkswagen in der Rede habe sich dadurch nichts geändert.

Auch in der Diesel-Krise habe der niedersächsische Ministerpräsident die VW-Zentrale vor entscheidenden öffentlichen Erklärungen vorab um Überprüfung von Redemanuskripten gebeten. "Es stand die Zukunft des VW-Konzerns auf dem Spiel", sagte Weil den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Unter diesen Bedingungen "war es richtig, dass ein von mir selbst geschriebener Entwurf einer Regierungserklärung VW zugeleitet wurde mit der ausschließlichen Bitte um Prüfung auf rechtliche Belange und Richtigkeit der genannten Fakten." Er würde "in einer vergleichbaren Situation heute ganz genauso handeln".

 Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). (Archivbild)

Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). (Archivbild)

Foto: dpa, pst kno

Im Oktober 2015 schickte Pörksen laut "Bild am Sonntag" den Entwurf der Rede an den VW-Cheflobbyisten und früheren SPD-Sprecher Thomas Steg (57) geschickt. In der Mail stand demnach: "(...) Bitte schau mal rein, ob da irgendwas drin steht, was so gar nicht Euren faktischen oder rechtlichen Erkenntnissen entspricht."

Diese Praxis der Vorprüfung sei inzwischen beendet, sagte Weil den RND-Zeitungen. "Das ist das Ergebnis eines Fortschritts in der Aufarbeitung von Dieselgate. Inzwischen ist die Situation zwischen VW und den US-Behörden geklärt." Für die Behauptung, die Landesregierung sei in der VW-Affäre durch den Konzern politisch geführt worden, werde man "keinen Beleg finden".

Nach Informationen der "Bild am Sonntag" äußerte ein Mitarbeiter der VW-Kommunikationsabteilung zudem schriftlich "moralische Bedenken":
Volkswagen könne doch nicht eine Regierungserklärung des Ministerpräsidenten redigieren und verändern.

Die FDP-Fraktion im niedersächsischen Landtag hatte wegen aus ihrer Sicht unzureichender Auskünfte zur Diesel-Affäre Ende 2015 gegen die Landesregierung geklagt. Abgeordnete der Partei wollten unter anderem wissen, ob der Konzern Einfluss auf die Aussagen der Landesregierung zu der Affäre bei VW hatte.

(vek)
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