Wie geht es mit Schwarz-Gelb weiter? Niedersachsen — eine Richtungswahl

Berlin/Hannover · Bei der Landtagswahl in Niedersachsen am 20. Januar droht der CDU der Machtverlust. Gewinnt Rot-Grün, ist Angela Merkels Bündnis in Berlin gefährdet. Für die Bundeskanzlerin heißt es daher: aus dem Urlaub direkt in den Wahlkampf.

2010: David McAllister triumphiert
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CDU-Chefin Angela Merkel nimmt nach ihrem Kurztrip zum Jahreswechsel in die Schweizer Alpen am Freitag wieder ihre Amtsgeschäfte auf. Im Kanzleramt wird sie sich indes nicht lange aufhalten. Schon am Nachmittag will Merkel nach Wilhelmshaven reisen, wo sich der CDU-Bundesvorstand zur Klausur trifft. Mit der Tagung in der Nordsee-Stadt eröffnen die Konservativen die heiße Wahlkampfphase. Am 20. Januar wird in Niedersachsen ein neuer Landtag gewählt.

Aber nicht nur das: Die Entscheidung im flächenmäßig zweitgrößten Bundesland gilt als richtungweisend. Wie im Herbst im Bund steht auch in Hannover eine schwarz-gelbe Koalition auf dem Prüfstand. Die Verbindung zu Merkels Koalition in Berlin ist offensichtlich.

Rot-Grün könnte nach dem Wahlsieg in Düsseldorf vor knapp einem Jahr mit einem Erfolg in Hannover erneut seine Regierungsfähigkeit beweisen. Es wäre zudem die zwölfte Schlappe der CDU in einer Senats- oder Landtagswahl seit Merkels Amtsantritt als Bundeskanzlerin 2005.

Merkel tritt sieben Mal im Land auf

Auf eine Wiederwahl des schwarz-gelben Bündnisses in Berlin dürften dann wohl nur noch die größten Optimisten setzen. Im Konrad-Adenauer-Haus, der CDU-Zentrale, gilt deshalb: voller Einsatz für Niedersachsen. Innerhalb von nur drei Wochen tritt CDU-Chefin Merkel siebenmal im Land auf. Schon am Samstag spricht sie neben Regierungschef David McAllister in Braunschweig. Auch die übrigen CDU-Minister, Ministerpräsidenten und der Chef der Bundestagsfraktion schwärmen nach der Vorstandssitzung zu Veranstaltungen im Land aus.

Nicht anders ist die Lage bei den übrigen Parteien. In der SPD beginnt der heiße Wahlkampf bereits morgen. Spitzenkandidat Stephan Weil, Oberbürgermeister von Hannover, hat zum Ärger der Landesregierung das renovierte Schloss Herrenhausen in der Landeshauptstadt für den traditionellen Neujahrsempfang der Stadt gebucht.

Eigentlich wollte die Landesregierung das sanierte Schmuckstück gemeinsam mit der Stadt am 18. Januar eröffnen. Nun prescht Weil vor und funktioniert den Empfang mit 300 Gästen vor imposanter Kulisse zum Stelldichein prominenter Genossen um. Eingeladen sind etwa Altbundeskanzler Gerhard Schröder und Parteichef Sigmar Gabriel.

Die Stimmung in der SPD ist trotz des miserablen Starts von Kanzlerkandidat Peer Steinbrück im Bund gut. Kein Wunder: Alle Umfragen sehen Rot-Grün im Land vorne. "Wenn wir hier gewinnen, kann Merkel in Berlin einpacken", frohlockt ein SPD-Landespolitiker.

McAllister setzt auf Personalisierung

Regierungschef McAllister will mit einem personalisierten Wahlkampf punkten. Er setzt neben der Präsenz Merkels vor allem auf seinen Amtsbonus. Wie das geht, ließ sich neulich beobachten, als McAllister und Weil beim Spatenstich für den Erweiterungsbau des Sprengel-Museums in Hannover aufeinandertrafen. Dutzende Journalisten umringten die Kontrahenten in der Hoffnung auf pointierte Aussagen. "Ich bin als Ministerpräsident hier", entgegnete McAllister nüchtern. Wahlkampf mache er später. "Ich bin als Oberbürgermeister eingeladen", kommentierte Weil.

Die CDU-Wahlkampfberater im Hintergrund lächelten zufrieden. Die Botschaft war klar: Hier McAllister, der große Ministerpräsident. Dort Weil, der einfache Bürgermeister. In kleiner Runde hat McAllister, dessen hemdsärmelige, bescheidene Art auf den Marktplätzen des Landes ankommt, erkennen lassen, wie er agieren will, wenn es eng wird. Notfalls müsse man die Wahl auf die Frage "Er oder ich" zuspitzen, sagte McAllister. Der schottischstämmige Konservative ist der beliebteste Landespolitiker — vor allem in den ländlichen Gebieten. Stephan Weil ist dagegen vor allem in Hannover bekannt. Zwei Drittel der Wahlberechtigten leben außerhalb der Landeshauptstadt.

Doch ohne die FDP kann McAllister nicht gewinnen. Das weiß der 41-Jährige und betont deshalb neuerdings in jeder Rede, wie sehr er an den Einzug der FDP in den Landtag glaubt. Bislang liegen die Liberalen in Umfragen bei knapp vier Prozent; den sympathischen, aber blassen Spitzenkandidaten Stefan Birkner kennen nur wenige. Als Umweltminister kann Birkner zudem nicht die klassische wirtschaftsaffine FDP-Klientel abdecken.

Die Debatte um den Bundesparteichef

Die Schwäche der Bundespartei kommt dazu. Für den in Niedersachsen beheimateten FDP-Chef Philipp Rösler ist die Wahl karriereentscheidend. Verpassen die Liberalen den Einzug ins Parlament, will Rösler noch am Abend sein Parteiamt zur Verfügung stellen. Auch als Wirtschaftsminister wäre er wohl kaum zu halten. Schafft die FDP den Sprung über die fünf Prozent, will Rösler kämpfen.

Einen Anti-Rösler-Wahlkampf, wie ihn Wolfgang Kubicki in Schleswig-Holstein erfolgreich vorgemacht hat, muss der FDP-Chef in seiner Heimat nicht fürchten. Birkner gehört zu den wenigen echten Unterstützern Röslers.

(brö)
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