Bernd Althusmann im Porträt Ein Offizier und Gentleman

Hannover · Erst Namibia, jetzt Niedersachsen: Der nächste Ministerpräsident könnte Bernd Althusmann heißen. Aber wer ist dieser Mann?

 Bernd Althusmann bei einer Pressekonferenz am Freitag.

Bernd Althusmann bei einer Pressekonferenz am Freitag.

Foto: dpa, pst jai

Aus Namibia wollte Bernd Althusmann gar nicht weg. Auch nicht nach Niedersachsen. Der 50 Jahre alte CDU-Politiker aus Oldenburg hatte bei der Wahlniederlage 2013 sein Landtagsmandat verloren und sich aus der Politik verabschiedet. Zwei Jahre arbeitete der Pastorensohn und Bundeswehr-Offizier nun schon für die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung in Namibia. Löwensafari statt Lüneburger Heide. Projekte mit Schulen, Workshops mit Frauen zu Fragen der Gleichberechtigung, humanitäre Hilfen. Althusmann gefiel das. Auch die Distanz zum politischen Betrieb in der Heimat. Seine Frau Iris (er ist in zweiter Ehe verheiratet) und die Patchwork-Familie waren mit nach Südwestafrika gekommen. Bis ihn Anfang 2016 die heimische CDU-Führung doch überredete, zurückzukommen, und ihm die Aufgabe übertrug, den Regierungschef Stephan Weil (SPD) bei der nächsten Landtagswahl abzulösen.

Weil stellte rasche Neuwahlen in Aussicht

Diesen Auftrag seiner Parteifreunde könnte Althusmann nun früher erfüllen, als manch einer gehofft hatte. Mit dem Wechsel der Grünen-Abgeordneten Elke Twesten zur CDU verliert Rot-Grün die Mehrheit im Landtag. Regierungschef Weil stellte rasche Neuwahlen in Aussicht. Althusmann hätte dabei gute Chancen, denn der Ministerpräsident gilt durch die VW-Abgasaffäre (Weil sitzt im Aufsichtsrat) als belastet, die CDU führt in Umfragen wieder.

Die Mehrheiten in Niedersachsen sind traditionell knapp. Das Land ist der "Battleground", das Kampffeld der beiden Volksparteien. Schon CDU-Ikone Ernst Albrecht, Vater von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und langjähriger Ministerpräsident, hätte 1989 fast sein Amt verloren, weil der Landtagsabgeordnete Kurt Vajen zu den Republikanern wechselte und dies die CDU die Ein-Stimmen-Mehrheit kostete. Albrecht konnte sein Amt aber halten, weil ein SPD-Mann aus der Partei austrat und als Parteiloser fortan den CDU-Regierungschef stützte. 2013 verlor CDU-Amtsinhaber David McAllister die Wahl, weil ihm 300 Erststimmen fehlten.

"Bernd wer?"

Wenn die CDU nach den Wahlsiegen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen mit Niedersachsen das dritte westdeutsche Flächenland zurückerobern würde, wäre Bernd Althusmann mit einem Schlag im Rampenlicht der Merkel-CDU. "Bernd wer?", fragten am Freitag einige, als die Meldungen aus Hannover über den Ticker liefen. Bundesweit trat der Ex-Kultusminister, dessen Karriere 1994 im Landtag begann, selten in Erscheinung. "Er ist ein typischer Norddeutscher, ruhig, besonnen, abwägend", sagt ein Weggefährte aus der Niedersachsen-CDU. "Für den Düsseldorfer Karneval ist der nichts."

Ex-Ministerpräsident und Bundespräsident a.D. Christian Wulff nennt Althusmann "geordnet, verlässlich, belastbar". Er könne ihn sich gut in einer Reihe mit den Regierungschefs Daniel Günther, Armin Laschet und Annegret Kramp-Karrenbauer vorstellen. Als er auf das ruhige Naturell Althusmanns angesprochen wird, scherzt ein anderer Konservativer nur: "Er ist halt kein Fips Asmussen."

Das Spektakuläre wirkt zwischen Lüneburg und Leer eher irritierend

Das muss er aber wohl auch nicht in einem Land, das der frühere Ministerpräsident David McAllister als "Land von Maß und Mitte" bezeichnet hat. Das Spektakuläre wirkt zwischen Lüneburg und Leer, Osnabrück und Oldenburg eher irritierend. Aufgefallen ist Althusmann zu Beginn seiner Karriere als akribischer Aktenleser und Haushaltsexperte. In den Redeschlachten mit den sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder und später Gerhard Glogowski im Landtag punktete er mit Detailkenntnis. Als Christian Wulff 2003 die Staatskanzlei für die CDU eroberte, stieg Althusmann zum Fraktionsgeschäftsführer unter dem Vorsitzenden David McAllister auf. "McAllister tanzte auf der Bühne, Althusmann werkelte im Maschinenraum", fasst der niedersächsische Bundestagsabgeordnete Michael Grosse-Brömer die damalige Arbeitsteilung zusammen. 2010 beförderte Wulff Althusmann zum Kultusminister. In seiner Amtszeit trieb er den Wechsel der gymnasialen Schulzeit zum Turbo-Abi voran und setzte sich als Chef der Kultusministerkonferenz bundesweit für das Zentralabitur und eine stärkere Angleichung der Bildungssysteme ein.

Ärger um Doktorarbeit

2011 geriet Althusmanns Doktorarbeit in die Kritik. Die Universität Potsdam prüfte die Arbeit in Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, kam aber zu dem Ergebnis: unsauber gearbeitet, aber keine Plagiate. Althusmann durfte den Doktortitel behalten. Ein Makel für einen Mann, der als akkurat galt, blieb. Doch seiner Karriere tat das keinen Abbruch. Als der abgewählte Ministerpräsident David McAllister, der Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Enak Ferlemann, und der Harburger Grosse-Brömer Anfang 2016 über mögliche Spitzenkandidaten sprachen, fiel schnell der Name Althusmann.

Im September 2016 wurde Althusmann einstimmig nominiert. "Er kann zuhören. Er ist ein Gentleman. Immer höflich", begründet ein Christdemokrat die Zustimmung in der Partei. Althusmann selbst verweist gerne auf seine drei Jahre in Namibia: "Die Zeit hat mich gelassener gemacht und meinen Blick für das Wesentliche geschärft." Das Wesentliche dürfte für ihn nun die Staatskanzlei in Hannover sein.

(brö)
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