Ministerpräsident Daniel Günther im Interview "Alle CDU-Flügel sollen an der Spitze vertreten sein"

Berlin/Düsseldorf · Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther findet die Kritik an Angela Merkels Zugehen auf die SPD überzogen. Der CDU-Politiker plädiert dafür, dass die Parteichefin Spitzenfunktionen künftig auch mit ihren parteiinternen Kritikern besetzt.

 Der CDU-Politiker Daniel Günther in Kiel (Archivbild vom 02.06.2017).

Der CDU-Politiker Daniel Günther in Kiel (Archivbild vom 02.06.2017).

Foto: dpa, reh

Herr Günther, klappt das noch mit der Groko trotz der SPD-Chaostage?

Günther Ich sehe nicht, warum Mitglieder noch dagegen stimmen sollten. Das gilt in gleicher Weise auch für den CDU-Parteitag. Ich hoffe, dass nach den Turbulenzen der vergangenen Tage, die doch manche Zweifel an der Bildung einer neuen großen Koalition haben aufkommen lassen, auch bei der SPD wieder Ruhe einkehrt. Wir sollten mehr über die vielen positiven Inhalte der Koalitionsvereinbarung reden und weniger über Personal.

Was wird aus Merkel-Kritikern wie Jens Spahn und Paul Ziemiak?

Günther Die CDU hat eine Vielzahl guter und interessanter Köpfe, die in Führungspositionen aufrücken können. Ich mache aber keine Vorschläge, wer ins Kabinett gehen soll. Angela Merkel wird dazu einen sehr klugen Vorschlag machen. Alle Namen, die da gehandelt werden und die für unterschiedliche Flügel stehen, sollten im Kabinett oder in der Parteiführung vertreten sein.

Hätte Merkel die Koalitionsgespräche scheitern lassen sollen, statt der SPD das Finanzressort zu geben?

Günther Ich setzte darauf, dass diese Kritiker sich ausmalen, was passiert wäre, wenn der Koalitionsvertrag nicht zustande gekommen wäre, weil man zwar inhaltlich, aber nicht bei der Ressortverteilung zueinanderkam. Das hätten die Bürger gar nicht verstanden. Die Verantwortung für das Land war größer.

Trauen Sie der Kanzlerin bei einem Nein der SPD-Basis zu Schwarz-Rot eine Minderheitsregierung zu?

Günther Wenn die große Koalition nicht zustande kommt, lässt die Verfassung nicht so viele Möglichkeiten. Der Bundespräsident hält dann die Fäden in der Hand. Ich habe die Bundeskanzlerin so verstanden, dass sie diese Lage beschreibt, und nicht, dass sie eine Minderheitsregierung bilden will. Das wäre angesichts der Herausforderungen, vor denen Deutschland und Europa stehen, auch nicht gut.

Müsste Angela Merkel jetzt besser ihre Nachfolge regeln?

Günther Ich bestreite nicht, dass es hier und da Unmut gibt. Und zwar auch in den Reihen der Unterhändler. Niemand war glücklich darüber, dass die SPD so exorbitant hohe Forderungen gestellt hat. Angela Merkel hat vor der Wahl gesagt, dass sie für vier Jahre antritt und dass sie das auch mit dem Parteivorsitz verbindet. Ich nehme wahr, dass es in der Partei als klug gesehen wird, dass sie sich an diesem Versprechen messen lässt. Und ich halte es auch für genau richtig, dass sie für diese Wahlperiode Kanzlerin bleibt. Angesichts der unübersichtlichen Gemengelage war die Klarstellung sicher gut.

Sollte Merkel im Falle einer Neuwahl erneut antreten?

Günther Ich beteilige mich nicht an Spekulationen. Ich gehe davon aus, dass das Ergebnis der SPD so ausgeht wie bei der CDU. Das heißt: Beide Parteien werden dem Verhandlungsergebnis zustimmen. Bei der CDU wird es sehr deutlich sein.

Hat die CDU Angst vor einer Neuwahl?

Günther Eine Neuwahl sollte niemand anstreben. Wir brauchen endlich eine handlungsfähige Regierung. Auf nichts anderes sollten wir jetzt zuarbeiten.

Das Gespräch führte Kristina Dunz.

(kd)
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