600 Stellen unbesetzt Mindestlohn: Personal für Kontrolle fehlt

Berlin · 600 Stellen beim Zoll sind unbesetzt, Nachwuchs kommt erst im August. Grüne und Gewerkschaften kritisieren Schäuble.

Die Personalausstattung der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) beim Zoll, die ab Januar auch über die Einhaltung des Mindestlohns in den deutschen Unternehmen wachen soll, ist deutlich knapper als bislang bekannt.

Die Bundesregierung hatte zwar angekündigt, die FKS um 1600 Stellen aufzustocken, damit sie ab Anfang 2015 die Einhaltung des Mindestlohns wirksam kontrollieren kann. Tatsächlich wird die FKS jedoch erst in fünf Jahren über die erforderlichen 1600 neuen Mitarbeiter verfügen. Gleichzeitig gehen ihr bis 2019 Hunderte ältere Mitarbeiter verloren. Das geht aus der Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion hervor, die unserer Zeitung vorliegt.

"Der FKS stehen aktuell 6869 Planstellen und Stellen zur Verfügung. Davon sind aktuell rund 600 unbesetzt", heißt es in der Antwort. Zudem "scheiden circa drei Prozent der Beschäftigten jährlich altersbedingt oder aus anderen Gründen aus dem Dienst aus". Das sind rund 190 Beschäftigte pro Jahr. Neu zur FKS stoßen "ab 2015 jährlich zum 1. August nach Abschluss der Ausbildung 320 Arbeitskräfte".

In Deutschland gilt vom 1. Januar an der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde. Betroffen werden davon etwa 5,2 bis 6,6 Millionen Beschäftigte sein, heißt es in der Antwort des Ministeriums, das sich dabei auf wissenschaftliche Studien stützt. Auf die Kontrolleure vom Zoll kommt damit eine enorme Erweiterung ihres bisherigen Aufgabengebiets zu. Die Regierung hat der FKS daher einige Branchen vorgegeben, in denen Prüfungen besonders notwendig sind. "Mindestens 70 Prozent aller Prüfungen sollen in von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung besonders betroffenen Branchen erfolgen", schreibt das Ministerium. Dies gelte für den Bau, Gebäudereiniger, die Sicherheitsdienste, Pflegeberufe, Verleiher, das Hotel- und Gaststättenbetriebe und die Personenbeförderer.

"Schon heute arbeitet die Finanzkontrolle Schwarzarbeit an der Belastungsgrenze", sagte Grünen-Politikerin Beate Müller-Gemmeke. Ab Januar seien aber noch erheblich mehr Mindestlohn-Kontrollen notwendig. "Dafür fehlt aber mehr Personal als bisher öffentlich bekannt."

NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) kündigte eigene Mindestlohn-Kontrollen an. "Wir wollen, dass der gesetzliche Mindestlohn in NRW eingehalten wird. Deshalb werden wir im kommenden Jahr gemeinsame Kontrollen des NRW-Arbeitsschutzes mit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit durchführen lassen", sagte Schneider. Kontrollen über Arbeitsbedingungen, etwa in der Paketdienstbranche und in der Fleischindustrie, hatte Schneider bereits durchführen lassen. Zudem sorgte NRW bei der Arbeits- und Sozialministerkonferenz gestern für einen Gesetzesvorstoß, damit auch die Einhaltung von Arbeitszeiten kontrolliert wird. "Wir fordern die Bundesregierung auf, eine gesetzliche Regelung zur generellen Verpflichtung der vollständigen Aufzeichnung der Arbeitszeiten einzuführen, so wie es auch vor Inkrafttreten des Arbeitszeitgesetzes in der Arbeitszeitordnung geregelt war", sagte Schneider. Eine solche Verpflichtung sei auch zur Überwachung des Mindestlohns notwendig.

Die Gewerkschaften warfen Schäuble vor, Missbrauch bei Mindestlöhnen zu fördern. Stein des Anstoßes sind zwei vom Kabinett verabschiedete Verordnungen, wonach Arbeitgeber in bestimmten Branchen für ihre mobilen Mitarbeiter den Beginn und das Ende der Arbeitszeit nicht erfassen, sondern nur die Dauer festhalten müssen.

(mar, qua)
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