Entlastung für Arbeitgeber Nahles lockert Dokumentationspflichten beim Mindestlohn

Berlin · Genau sechs Monate nach Inkrafttreten des gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro lockert Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) die umstrittenen Dokumentationspflichten.

Die Arbeitszeit muss nicht mehr aufgezeichnet werden, wenn das monatliche Arbeitsentgelt mindestens 2000 Euro brutto beträgt und in den vergangenen zwölf Monaten regelmäßig gezahlt wurde, wie Nahles am Dienstag in Berlin sagte. Sie kam damit Union und Arbeitgebern entgegen.

Zudem entfallen nach Angaben der Ministerin die Aufzeichnungspflichten bei der Beschäftigung von Ehepartnern, Kindern und Eltern des Arbeitgebers. Die Änderungen sollen bereits in den nächsten Tagen per Verordnung auf den Weg gebracht werden. Weitergehende Änderungen seien aber weder nötig noch sinnvoll. "Das Mindestlohngesetz wird nicht angefasst", betonte die SPD-Politikerin.

Für Saisonarbeitskräfte oder Beschäftigte mit stark schwankenden Arbeitszeiten müssen diese wie bisher bis zu Monatseinkommen von maximal 2958 Euro aufgezeichnet werden. Gerade hier gebe es immer wieder Hinweise auf Versuche, den Mindestlohn durch fehlende oder falsche Aufzeichnungen zu umgehen, sagte Nahles.

CDU: Zuviel Bürokratie

Unionspolitiker hatten die Dokumentationspflicht für die Arbeitszeiten als zu bürokratisch kritisiert und ein Absenken auf 1900 Euro gefordert. "Die Bundesarbeitsministerin geht mit ihrer Ankündigung einen richtigen und notwendigen Schritt", erklärte CDU-Generalsekretär Peter Tauber. Für den Mittelstand seien die Lockerungen der Aufzeichnungspflichten "eine spürbare Entlastung von unnötiger Bürokratie". Es müssten aber weitere Schritte folgen.

Auch die CSU drängte auf weitere Änderungen "Die Korrektur reicht nicht aus", sagte die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU). Sie empfahl der Bundesarbeitsministerin, sie solle "dringend nochmal mit Mittelständlern reden, die aus der Praxis kommen".

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) verwies auf das Thema Höchstarbeitszeit. Hier müssten die Länder Ausnahmegenehmigungen erteilen, etwa in der Gastronomie. Durch die bisherige Rechtslage können Arbeitgeber in die Situation geraten, dass sie wegen des Mindestlohns eine Arbeitszeit dokumentieren, die eigentlich gar nicht zulässig ist. Nach Angaben des Arbeitsministeriums wurde mit den Ländern vereinbart, dass Ausnahmeregelungen bei Schaustellern sowie Landwirtschafts- und Gastronomiebetrieben erteilt werden sollen, die als Saisonbetrieb eingeordnet werden können.

Die Linke kritisierte die geplanten Lockerungen bei den Dokumentationspflichten. Parteichefin Katja Kipping warf Nahles vor, sie "beugt sich dem Gejammer der Arbeitgeber, die sich weigern, die Arbeitszeit ihrer Beschäftigten zu dokumentieren".

Die Grünen bemängelten, dass Nahles nicht das Parlament vorab über die nun vorgesehenen Maßnahmen informiert habe. Ihre Arbeitsmarktexpertin Brigitte Pothmer erklärte aber zugleich, es spreche nichts gegen Bürokratieabbau, wenn die Wirkung des Mindestlohns nicht beeinträchtigt werde.

Nahles zog generell eine positive Bilanz der ersten sechs Monate Mindestlohn. "Es gibt mehr Lohn, mehr Beschäftigte und damit auch mehr Gerechtigkeit", sagte die Ministerin. Auch die SPD-Arbeitsmarktexpertin Katja Mast zeigte sich zufrieden. "Das Hoch auf dem Arbeitsmarkt hält weiter an", erklärte sie. Der Umsatz im Einzelhandel sei gestiegen wie seit fünf Jahren nicht mehr. "Und die Zahl der Aufstocker ist seit Inkrafttreten des Mindestlohns um 45.000 gesunken."

(AFP)
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