Bundeskanzlerin im Interview Merkel: Wir wollen Steuern senken

Düsseldorf (RP). Die Bundeskanzlerin hält im Interview mit unserer Redaktion die Haushaltslage für zu dramatisch, um schon jetzt Pläne zur Verringerung der Steuern vorzulegen. Am Ziel einer steuerlichen Entlastung der Bürger hält sie jedoch fest.

Die Eckpunkte des Bundeshaushalts 2010
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Foto: ddp

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) möchte angesichts der schwierigen Lage der öffentlichen Haushalte einen genauen Zeitpunkt für die geplanten Steuersenkungen der Koalition noch nicht nennen. "Die konkreten Entscheidungen werden wir mit Blick auf die wirtschaftlichen Daten und die Steuerschätzung treffen”, sagte die Kanzlerin im Gespräch mit unserer Redaktion.

Die Ergebnisse der Steuerschätzung werden am 6. Mai erwartet. Die Kanzlerin wollte sich auch nicht festlegen, ob die Einzelheiten möglicher Steuersenkungen dann noch vor der nordrhein-westfälischen Landtagswahl am 9. Mai genannt würden. "Das Volumen und den Zeitplan werden wir im Lichte der wirtschaftlichen Entwicklung entscheiden”, sagte Merkel. Sie wird am Samstag als Rednerin auf dem CDU-Landesparteitag in Münster erwartet.

Entlastung im Mittelstandsbauch

Als Schwerpunkte einer Steuerreform nannte die CDU-Vorsitzende die "Entlastung im Bereich des so genannten Mittelstandsbauchs, also bei unteren und mittleren Einkommen”. Dabei gelte es aber, die im Grundgesetz festgeschriebene "Leitplanke der Schuldenbremse” einzuhalten. Merkel: "Meine Aufgabe ist es, am Schluss alle Maßnahmen zusammenzubinden. Es gilt immer der Grundsatz, dass die Gerechtigkeit und die Zukunftsfähigkeit des Landes gewahrt werden.”

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) legte sich anders als Kanzlerin Merkel darauf fest, dass über Entlastungen erst zwischen Mitte Mai und Ende Juni entschieden werde. Zugleich schwor er bei den Haushaltsberatungen im Bundestag die Koalition auf einen strikten Sparkurs ein. Um die Schuldenbremse einzuhalten, müsse das strukturelle Defizit des Bundes künftig um durchschnittlich zehn Milliarden Euro pro Jahr reduziert werden. Auch Unions-Fraktionsvize Michael Meister (CDU) lehnte eine Steuerreforminitiative vor der Landtagswahl ab. Die Spielräume für Steuerentlastungen müssten erarbeitet werden.

Schäuble verteidigt Neuverschuldung

Die Neuverschuldung des Bundes verdoppelt sich dieses Jahr auf 80,2 Milliarden Euro und erreicht damit einen Höchststand in der Nachkriegsgeschichte. Der Bundestag billigte den Haushalt 2010 mit der Regierungsmehrheit von Union und FDP. Schäuble verteidigte die Verschuldung als notwendig, um der Finanzkrise entgegenzusteuern. Unterdessen wurden in Berlin auch Hintergründe der wieder aufgeflammten Debatte um eine mögliche Steuerreform noch vor der NRW-Wahl bekannt. Die jüngste Initiative für Steuersenkungen vor dem wichtigen innenpolitischen Termin in diesem Jahr ging demnach von der CSU aus, erfuhr unsere Redaktion aus Regierungskreisen.

Berichte, dass möglicherweise schon bei einem Treffen der Koalitions-Spitzenpolitiker Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer und FDP-Chef Guido Westerwelle am Sonntag im Kanzleramt ein Steuerreform-Konzept besprochen wird, sind dagegen wenig wahrscheinlich. Hierfür wird in Regierungskreisen der Umstand verantwortlich gemacht, dass die FDP über kein abgeschlossenes Reformkonzept verfügt. Dies werde von einer parteiinternen Arbeitsgruppe um den Finanzexperten Hermann Otto Solms erst erarbeitet. Es soll im April vorliegen.

Bei den Liberalen ist zudem umstritten, ob man angesichts der Lage der öffentlichen Haushalte weiter auf drastischen Steuersenkungen beharren sollte. Eine entsprechende Äußerung des Ehrenvorsitzenden Hans-Dietrich Genscher, der den Schuldenabbau zur dringlichsten Aufgabe erklärt hatte, wird bei den Liberalen als Wink oder auch als Hilfestellung für Parteichef Westerwelle interpretiert, von seinen Wahlkampfversprechen einer umfassenden Steuerentlastung in Milliardenhöhe abzuweichen.

((RP))
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