Vorschlag Erdogans Merkel gegen türkische Gymnasien in Deutschland

Passau (RPO). Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Forderung des türkischen Ministerpräsidenten Tayyip Erdogan zurückgewiesen, in Deutschland türkische Gymnasien einzurichten. "Das führt aus meiner Sicht nicht weiter, denn grundsätzlich sollten türkischstämmige Kinder und Jugendliche bei uns in deutsche Schulen gehen."

Das sagte die CDU-Politikerin der "Passauer Neuen Presse". "Von der Vorstellung, dass alle türkischen Schüler hier auf ein türkisches Gymnasium gehen sollen, halte ich nichts."

Erdogan hatte seine Forderung mit Sprachproblemen vieler der drei Millionen Türken in Deutschland begründet.

Auf erneute Forderungen Erdogans nach einer Vollmitgliedschaft seines Landes in der EU reagierte Merkel vor ihrer Türkei-Reise Anfang kommender Woche zurückhaltend. "Meine Vorstellung ist unverändert eine privilegierte Partnerschaft mit der Türkei", sagte sie.

Beim Thema EU-Mitgliedschaft seien Erdogan und sie bereits seit langem unterschiedlicher Meinung. "Dennoch gilt für die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, dass Verträge einzuhalten sind. In diesem Sinne führt die EU seit Jahren ergebnisoffene Verhandlungen über einen möglichen EU-Beitritt der Türkei."

Lehrerverband attackiert Türkei-Premier Erdogan

Die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), kritisiert die Forderung des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan, türkische Gymnasien in Deutschland einzurichten. Dies fördere die Integration nicht.

Der Präsident des Lehrerverbandes, Josef Kraus, nannte den Vorschlag "inakzeptabel und anti-integrativ". Erdogan hege islamische Expansionsgelüste, sagte er gegenüber unserer Redaktion. Kanzlerin Merkel solle sich beim Besuch in Ankara entschieden die türkische Einmischungen in unsere Angelegenheiten verbitten.

"Lieber um Probleme in der Türkei kümmern"

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Serkan Tören bezweifelt, dass Erdogan den deutschen Türken einen Dienst erweist: "Vielmehr müssen wir Kinder aus Familien, in denen Türkisch gesprochen wird, viel früher an die deutsche Sprache heranführen", sagte er der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung".

Die Hamburger SPD-Parlamentarierin Aydan Özoguz sagte, der Ruf nach türkischen Privatschulen sei legitim, "allerdings ist bei solchen Elitegymnasien nicht davon auszugehen, dass sie Integrationsprobleme lösen". Auch die Grünen-Abgeordnete Ekin Deligöz bezweifelt den Nutzen türkischer Gymnasien zur Sprachförderung: "Türkische Migrantenkinder, die die Gymnasialreife erlangen, haben keine Sprachprobleme", sagte sie. Das Hauptproblem liege vielmehr bei den rund 20 Prozent, die die Schule ohne Abschluss verließen.

Auch die türkische Gemeinde Niedersachsen hält nichts von dem Vorstoß Erdogans: "Ich kann diesen Quatsch nicht mehr hören", sagte der Vorsitzende Alptekin Kirci der Zeitung zufolge. "Erdogan soll sich lieber um die Probleme in der Türkei kümmern."

"Mir gefällt der nationale Ton überhaupt nicht"

Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele griff Erdogan wegen seiner Äußerungen scharf an. "Mir gefällt der nationale Ton überhaupt nicht", sagte er der "Saarbrücker Zeitung". "Ich fürchte, dass es innenpolitische Gründe sind, um für die türkische Community in Deutschland auf dem nationalen Instrument zu spielen. Das halte ich nicht für gut und richtig." Migranten könnten in Deutschland überhaupt nur "am Leben teilnehmen und vorankommen", wenn sie die deutsche Sprache beherrschten.

Erdogans Argumentation, nur wer seine Muttersprache perfekt beherrsche, könne auch Deutsch lernen, sei zwar richtig, sagte Ströbele. "Aber in Deutschland sollte man die deutschen Kulturtechniken beherrschen und vor allem die deutsche Sprache. Eine Schule ohne deutsche Sprache oder eine, in der die deutsche Sprache nicht gleichwertig neben der türkischen steht, fördert eine Separierung deutscher von türkischen Schülern, sie ist nicht der richtige Weg."

(apd/csr)
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