Mecklenburg-Vorpommern vor der Wahl Das Armenhaus Deutschlands

Schwerin · Wirtschaftlich ist Mecklenburg-Vorpommern noch immer das Schlusslicht der Bundesländer. Viel hängt von der Landtagswahl am Sonntag ab.

 Zwei Frauen mit einer Gehhilfe laufen am 15.03.2012 im Zentrum von Loitz im Landkreis Vorpommern-Greifswald.

Zwei Frauen mit einer Gehhilfe laufen am 15.03.2012 im Zentrum von Loitz im Landkreis Vorpommern-Greifswald.

Foto: dpa, sts pzi fp

Die Menschen rund um die Mecklenburger Seenplatte sind wie das Wasser. Ruhig, langsam und beständig. Manch Spötter hat behauptet, dass der Sozialismus der DDR in Mecklenburg-Vorpommern nie angekommen ist. Heute kann man sagen, dass auch mehr als ein Vierteljahrhundert nach der Einheit das Land seine Rückständigkeit noch immer nicht überwunden hat.

Mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 24.909 Euro pro Kopf (Stand 2015) bildet Mecklenburg-Vorpommern das Schlusslicht im Vergleich mit den ostdeutschen Ländern und im Bundesvergleich. "Es fehlt an hochqualifizierten Jobs im Lande", meint der Arbeitsökonom Michael Weber vom Ifo-Institut in Dresden. Kein Wunder, dass die Arbeitslosenquote (neun Prozent) nur noch in den überschuldeten Stadtstaaten Bremen und Berlin sowie im strukturschwachen Sachsen-Anhalt höher liegt.

Tourismus als Haupteinnahmequelle

Die Menschen zwischen Schwerin und Usedom kümmert das offenbar weniger. Nach einer Umfrage der "Schweriner Volkszeitung" bewerten 75 Prozent der Landesbewohner ihre persönliche wirtschaftliche Situation als gut bis sehr gut. Offenbar ist bei der Bevölkerung angekommen, dass sich einiges verbessert hat. So ist das BIP 2015 mit 1,9 Prozent stärker gestiegen als im Bundesschnitt. In den letzten zehn Jahren sind 50.000 Arbeitsplätze entstanden und die Arbeitslosenquote von 20 Prozent (2006) auf eben neun Prozent gesunken.

Die Haupteinnahmequelle des Landes ist und bleibt der Tourismus. Die Ostseeküste ist das beliebteste Ziel für den Sommerurlaub der Deutschen. Mit einem Anteil von zwölf Prozent an der Wirtschaftsleistung ist das Reisegeschäft so groß wie die Industrie. Schließlich liegen vier der zehn sonnenreichsten Orte der Bundesrepublik an der Ostsee.

Auch der Wind hat den Menschen im Küstenland Glück gebracht. Das Land kann rund 40 Prozent der von Windkraftanlagen produzierten Energie exportieren. Das Geschäft läuft inzwischen so gut, dass sich bereits Bürgerinitiativen über die "Verspargelung" der teils noch unberührten Landschaften Sorgen machen. Die Alternative für Deutschland hat längst den Zuwachs an Windrädern als Wahlkampfthema entdeckt.

Erwerbsquote erkennbar unter dem Bundesschnitt

Trotz der jüngsten Erfolge bleibt der Abstand zu anderen Ostländern und erst recht zum Westen deutlich. Sowohl die Erwerbsquote wie auch die in den ostdeutschen Ländern sonst traditionell hohe Frauenerwerbsquote liegen erkennbar unter dem Bundesschnitt. Dazu passt, dass die Kinderarmut nur in Bremen und Sachsen-Anhalt höher ist als im landwirtschaftlich geprägten Mecklenburg-Vorpommern.

Das schlägt sich auch in der Einkommenshöhe der Bürger nieder. Helmut Holter, der Linken-Chef Mecklenburg-Vorpommerns, sagt: "Die Menschen merken, was sie am Ende des Tages mit nach Hause nehmen, und sie wissen, dass es weniger ist als das, was ihre Kolleginnen und Kollegen in den anderen Bundesländern verdienen." Genützt hat es der einst so starken Linkspartei, die das immer wieder zum Thema macht, bisher wenig. Sie dümpelt in den Umfragen bei 13 Prozent herum, weit abgeschlagen hinter der AfD mit zuletzt 23 Prozent.

(kes)
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