Opposition mutmaßt Wahlkampf für CSU Seehofer kündigt eine harte Gangart an

Berlin · Kurz vor seinem Amtsantritt als neuer Innen-, Heimat- und Bauminister hat CSU-Chef Horst Seehofer "null Toleranz gegenüber Straftätern" als Grundprinzip seiner Amtsführung ausgegeben und einen "Masterplan" angekündigt, um die Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber zu beschleunigen.

 Wird von der Opposition kritisiert: Horst Seehofer (Archivbild).

Wird von der Opposition kritisiert: Horst Seehofer (Archivbild).

Foto: dpa, shp soe

Im Gespräch mit der "Bild am Sonntag" erhöhte er zudem den Druck auf die anderen Ministerien der neuen großen Koalition: "Nach Ostern gibt es die erste Kabinettsklausur, und dann ist Ende der Diskussion. Dann wird umgesetzt", unterstrich Seehofer.

Nach zehn Jahren Verantwortung als Ministerpräsident Bayerns verwies er darauf, dass der Freistaat "zu den sichersten Regionen in Europa" gehöre. "Das muss auch für ganz Deutschland möglich sein", fügte er hinzu. Deutschland solle ein weltoffenes und liberales Land bleiben. "Aber wenn es um den Schutz der Bürger geht, brauchen wir einen starken Staat", sagte Seehofer. Dafür werde er sorgen.

Masterplan für schnellere Asylverfahren

Als Ministerpräsident war Seehofer an den Beschlüssen beteiligt, mit denen sich Bundes- und Landesregierungen Anfang vergangenen Jahres dazu verpflichtet hatten, deutlich mehr Migranten ohne Schutzanspruch abzuschieben. Seehofers Vorgänger Thomas de Maizière (CDU) hatte ein eigenes Zentrum eingerichtet, das die für Abschiebungen zuständigen Bundesländer dabei unterstützen und Schwierigkeiten etwa bei der Papierbeschaffung aus dem Weg räumen sollte.

Zudem analysierte er mit einer Expertengruppe Schwachstellen des Systems und brachte gesetzliche Korrekturen auf den Weg. Dennoch sank die Zahl der abgeschobenen Flüchtlinge, obwohl die Zahl der abgelehnten Asylbewerber stieg.

Nun will Seehofer einen neuen Anlauf starten. "Ich werde mich sofort nach der Amtsübernahme mit allen Mitarbeitern und nachgeordneten Behörden zusammensetzen, um einen Masterplan für schnellere Asylverfahren und konsequentere Abschiebungen zu erarbeiten", hob Seehofer hervor.

Die Zahl der Rückführungen müsse deutlich erhöht werden. "Besonders bei Straftätern und Gefährdern müssen wir härter durchgreifen", sagte der künftige Innenminister. Wer straffällig geworden sei, habe in Deutschland nichts verloren und müsse schnellstmöglich abgeschoben werden.

Videoüberwachung an allen Brennpunkten

Die Verständigung von CDU, CSU und SPD auf sogenannte Aufnahme-, Entscheidungs- und Rückführungszentren ("AnKER") will Seehofer so schnell wie möglich umsetzen. Dann könnten die Flüchtlinge so lange in diesen Einrichtungen bleiben, bis über ihren Antrag entschieden sei, und würden gar nicht erst auf die Gemeinden verteilt, während ihr Verfahren noch läuft.

Auf eine härtere Gangart sind auch die Koalitionspartner eingestellt. Für die SPD erklärte die Schweriner Regierungschefin Manuela Schwesig: "Wir alle, auch die SPD, müssen uns eingestehen, dass wir die Debatte über faktische Grenzen der Integration stärker und ehrlicher mit den Leuten führen müssen."

Seehofer forderte eine "wirksame Videoüberwachung an allen Brennpunkten im Land" und sprach sich dafür aus, die Grenzsicherung "auf jeden Fall im Jahr 2018" aufrechtzuerhalten. Erst wenn die EU-Außengrenzen wirksam geschützt seien, könnten die Kontrollen an den deutschen Grenzen wegfallen.

Die FDP meldete Bedenken an: "Das Bundesinnenministerium ist nicht die Wahlkampfzentrale der CSU", sagte FDP-Innenexperte Konstantin Kuhle. Seehofers Pläne, 7500 neue Stellen bei der Bundespolizei zu schaffen, führten noch nicht zu mehr Polizei auf der Straße. Dazu müsse das Personal erst gefunden und ausgebildet werden.

Als bezeichnend empfinden es die Liberalen, dass Seehofer die Bürgerrechte mit keiner Silbe erwähne. "Statt auf mehr Überwachung zu setzen, sollte Seehofer sich lieber darum kümmern, dass Gesetze der großen Koalition nicht ständig vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben werden müssen", so Kuhle.

"CSU-Werbekampagne für bayerische Landtagswahl"

Für Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz mutet Seehofers Null-Toleranz-Linie im Aufgabenbereich von Bundespolizei, BKA und Verfassungsschutz "eher ahnungslos als ehrgeizig" an. "Die Ankündigungen Seehofers wirken eher wie eine CSU-Werbekampagne für die aufziehende bayerische Landtagswahl als ein belastbares innenpolitisches Arbeitsprogramm", meinte von Notz im Gespräch mit unserer Redaktion.

Bedenken äußerte er auch, dass die CSU die Innenpolitik mit den zusätzlichen Themen Heimat und Wohnen überfrachte. "Herr Seehofer wird sich noch wundern, wie arbeitsreich allein der Verantwortungsbereich der Öffentlichen Sicherheit ist", sagte von Notz voraus.

(may-)
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